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Nicht zu empfehlen:

Yvan Pommaux, Christophe Ylla-Somers: Wir und unsere Geschichte
 

Die Macher* des Buches haben den Anspruch, die Geschichte der Menschheit zu erzählen und dabei sich nicht auf eine Perspektive zu beschränken, sondern die Perspektive vieler  und den Anteil aller am Verlauf der Geschichte sichtbar zu machen.
Positiv ist zu bemerken, dass nicht nur Geschichte von Reichen und Mächtigen wieder geben ist und auch benannt wird, auf wessen Ausbeutung deren Reichtum beruht. Dennoch bleibt es letztlich eine Geschichte der Herrschenden, denn der Fokus dessen, was erwähnt wird, basiert weiter auf ihrer Geschichtsschreibung. Auch wird scheinbar neutral festgestellt, dass Menschen Anführer brauchen. („Wir werden zu viele, so dass sich kein natürlicher Anführer mehr durchsetzt. Und doch wird eine Person gebraucht, die darauf achtet, dass die Regeln des Gemeinschaftslebens eingehalten werden.“ S.14) Ebenfalls positiv ist, dass der Einfluss der Araber*innen/Osman*innen mit ihrem Wissen und ihrer Kultur auf Europa und ihr akzeptierender Umgang mit religiösen Unterschieden bzw. ihre Rolle als Zuflucht für in Europa verfolgten Jüd*innen in korrekter, konstruktiver Weise beschrieben wird.
Es wird versucht ein „wir“ als „wir, Menschen“ zu formulieren, was ich für eine gute und verbindende Idee halte. Doch in der Umsetzung ist dieses „wir“ eurozentristisch und w eiß bzw. entspricht der vorherrschenden europäischen Geschichtsschreibung.
Im Text selbst werden keine Namen von Menschen genannt, die als historisch herausragende Personen gesehen werden. Aber es ist geschrieben, dass ein Mensch dieses oder jenes geleistet hat. Am Ende des Buches gibt es kurze Beschreibungen mehrerer Personen. Doch nicht alle Benannten aus dem Text sind dort zu finden und auch nicht alle Benannten sind Stellen im Text zuzuordnen. Ich vermute damit soll die Rolle sogenannten Berühmtheiten und warum sie als heraus stehend sind, hinterfragt und außerdem eigene Recherche angeregt werden. Die Macher*innen des Buches haben sich bemüht, nicht nur solche Personen zu benennen, deren Kenntnis zur sogenannten Allgemeinbildung Weißer gehören. Das finde ich positiv. Doch leider wird die Rolle einzelner Schwarzer Menschen, PoC und einzelner Frauen extrem wenig im Text und auch völlig unzureichend bei den benannten Personen aufgezeigt. Und insgesamt wird bei der Auswahl dieser Personen der Blick fast ausschließlich auf Mächtige gelenkt, was dem Anspruch der Autoren die Geschichte aller zu erzählen bzw. zu zeigen, dass „alle“ Held*innen der Geschichte seien, absolut nicht genügt.


Negativ ist insgesamt, dass der Blickwinkel ein weißer, eurozentristischer ist und dass ein weißer eurozentristischer Entwicklungs-, (Hoch)kultur- und Zivilisationsbegriff wiedergeben wird. Was angeblich unbekannt, bekannt und entdeckt ist und (von) wem, wird immer aus einem eurozentristischen Blickwinkel beschrieben. Daraus resultiert, das nur die Geschichte derer erzählt wird, die aus diesem Blickwinkel als sich weiter entwickelnd, zivilisiert / zivilisierend und Teil von Hochkulturen gesehen werden. Doch selbst nach diesen Maßstäben fehlen die Geschichte vieler Menschen außerhalb Europas, insbesondere Afrikas, der Amerikas, Südasiens und Australien bzw. sie wird falsch dargestellt.
Afrika wird fast ausschließlich pauschal als „Afrika“ genannt, während andere Regionen im jeweiligen historischen Kontext genauer benannt werden. Es wird behauptet, dass der „alltägliche Überlebenskampf“ (Krieg, Tiere, Krankheiten) in Afrika verhindert habe, dass sich Staaten und Städte entwickeln konnten. Das ist sachlich falsch. Wenn „Afrika“ in den Illustrationen auftaucht, dann fast ausschließlich in Form von Wiedergabe vorherrschender w eißer Vorstellungen vom afrikanischen Kontinent (nackte / kaum bekleidete Menschen, einfache Gebäude / „Hütten“). Afrikanische Religionen tauchen lediglich im Kontext des antiken Ägyptens auf, afrikanische Schriften ebenso und ebenfalls Handwerk, Erfindungen, Technik und Kunst. Das gleiche gilt auch für Australien, Südost-Asien, Nordamerika, weite Teile Süd- und Mittelamerikas. Die Rolle Europas bei der Versklavung und Verschleppung von Millionen von Afrikaner*innen wird herunter gespielt und die Beteiligung bzw. Verantwortung von Afrikaner*innen im Vergleich dazu zu gewichtig benannt. Dass der Reichtum des malischen Königs Mansa Musa in Portugal / Europa bekannt wurde, wird als Ursache für den Beginn der Kolonialisation und der Versklavung und Verschleppung von Afrikaner*innen durch Europa dargestellt. Das halte ich fr eine falsche Verquickung. Die Verantwortung und Wirkung von Kolonialismus / Imperialismus wird völlig verzerrt und verkürzt dargestellt. Der vielfache Völkermord in den Amerikas taucht lediglich in Form von zwei Sätzen auf: „die letzten Ureinwohner praktisch ausgerottet haben“ (S.74, Kontext USA) und „wir massakrieren sie (die Inka) genau wie die Azteken“ (S. 64, Kontext Mittel- und Südamerika). Die Beschreibung der Geschichte Mittel- und Südamerikas endet mit der Konquista, was danach passiert, hat gar keinen Raum. Die Geschichte Australiens, Neuseelands und Ozeaniens hat gar keinen Platz in diesem Buch, genauso wenig wie die Grönlands und Asiens jenseits des antiken Indiens, Mesopotamiens und der Chinesischen Reiche. Die Kolonialisierung Asiens durch Europa wird mit keinem Satz erwähnt.
Auch in der Illustration fehlen Schwarze Menschen. So wird im Text zwar geschrieben, dass es die ersten Homo sapiens in Afrika gab, doch in der Illustration wird ein Bild gezeigt, das dem früher Menschen in Europa entspricht, Höhlenmalereien wiedergegeben, die in Europa gemalt wurden und eine Grabfundstätte aus Asien. Im Mittelpunkt der Karte zur Ausbreitung der Menschen auf der Welt steht Asien mit einer dort eingezeichneten Menschengruppe im Mittelpunkt und nicht der Ausgangspunkt in Ostafrika. Diese Art der Illustration zieht sich weiter durch das Buch. Auch an Stellen, an denen allgemeine Informationen zu Veränderungen gegeben werden, werden in Europa oder maximal Ägypten / Babylonien angesiedelte Illustrationen gezeigt. Selbst wenn Orte wie Kilwa benannt sind, werden nicht sie in der Illustration gezeigt, sondern versklavte Menschen in der Wüste.
Entstehung des phönizischen Alphabets / der sumerischen Schrift und ihrer Bedeutung für die Entstehung weiterer Schriftsysteme ist falsch dargestellt. Das phönizische Alphabet ist aus den antiken ägyptischen bzw. meroischen (also afrikanischen) Schriften entstanden. Die Darstellung des nordamerikanischen Volkes, das Wikinger an ihren Küsten entdeckt, ist falsch und entspricht der pauschalisierenden, stereotypen Vorstellung Weißer.
Doch auch die Darstellung europäischer Geschichte entspricht vorherrschender Geschichtsschreibung. So wird aus der Geschichte Spaniens die Geschichte der Bask*innen und Katalan*innen ausgeklammert.
Das im 18 Jahrhundert in Europa entstehende Genre „Reiseberichte“ wird als positiver Einfluss dargestellt, obwohl sie ein wesentlicher Beitrag zu rassistischem, kolonialen Denken sind. Der Einfluss der sogenannten Aufklärung wird als positiv dargestellt. Es wird zwar beschrieben, wie in dieser Zeit die Vorstellung von „Rassen“ und von „N...rn“ geschaffen wird, doch es ist nicht deutlich, dass dies unter dem Label „Aufklärung“ geschieht bzw. dass die Logik der Aufklärung gerade diese Ideologie braucht um die Herrschaftsverhältnisse zu legitimieren. Der Anteil der Aufklärung an der Diskriminierung von Frauen wird gar nicht benannt.
Die beschriebene Geschichte endet mit dem Ende des 2.Weltkriegs. Die Bedeutung dieses Krieges wird lediglich in Bezug auf Europa gezeigt. Der Ausblick richtet sich auf die System-Konfrontation des Kalten Krieges, Raumfahrt, Atomenergie, Computer- und Robotertechnik. Themen wie Befreiung von kolonialer Herrschaft sind nicht im Blick.
Leider wird behauptet, dass die gesellschaftliche Stellung von Mädchen und Frauen immer und überall eine diskriminierte gewesen sei. Frauen tauchen in dieser Geschichtsschreibung kaum auf. Der Text ist in männlicher Form verfasst.
In dem Buch sind immer wieder Zitate durch Anführungs- und Schlusszeichen markiert, doch es ist nicht vermerkt, wer zitiert wird.


 

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Nicht zu empfehlen:

Jutta Richter, Jacky Gleich: Als ich Maria war


Ein namenloses Schwarzes Mädchen ist die Ich-Erzählerin der Geschichte. Erst auf der elften Doppelseite ist zu sehen, dass sie Schwarz ist. Vorher ist ihr Gesicht nicht zu sehen. Sie wird nie mit Namen angesprochen und bleibt so namenlos. Vor kurzen ist sie in den Ort gezogen. Sie ist die einzige Schwarze in der Geschichte. Ihre Mutter ist weiß, der Vater ist in keiner Form präsent, weder im Bild noch im Text. Ihre Mutter schneidet ihr die Haare kurz, weil das praktisch sei. Warum das angeblich so praktisch sein soll, wird nicht geschrieben. Andere ( w eiße) Mädchen haben lange Haare. Das Mädchen hätte gerne selbst lange Haare. In der Schule wird sie geärgert. Der Lehrer und mehrere Kinder haben Namen. Der Lehrer ist streng und kalt, die Kinder fürchten sich vor ihm. Das Mädchen fürchtet sich so sehr vor ihm, dass sie nicht sagt, dass sie geärgert und gekniffen wird. Als der erste Schnee fällt, ist sie das Ziel der Schneebälle der anderen Kinder. Der Lehrer schaut weg. Sie möchte überhaupt nicht in die Schule. Die Kinder in der Schule üben die Weihnachtsgeschichte ein. Das Mädchen wäre gerne Maria. Sie denkt, sie kann nicht Maria sein, weil ihre Haare kurz sind. Der Lehrer hat entschieden, dass sie ein Schaf spielt. Die anderen Kinder finden das lustig: „Ein schwarzes Schaf...“ Ihre Mutter sagt, dass sie sich freut, dass ihre Tochter ein Schaf spielt, dass Schafe sanftmütig, friedlich und weich seien. Doch das Mädchen übt zu Hause die Rolle der Maria. Sie hofft, dass niemand während der Aufführung über sie lacht, damit ihre Mutter sich nicht wegen ihr schämt. Als das erste Mal zu sehen ist, dass das Mädchen Schwarz ist, steht sie nackt in der Badewanne, den Rücken zur*m Leser*in gewandt, di*er ihr Gesicht im Spiegel sieht. Ihr Gesichtsausdruck ist traurig. Auf dieser Doppelseite erzählt sie, dass sie früher glaubte, dass sie sich mit Schnee weiß waschen könnte. Ihre Mutter sagte dazu, dass das Blödsinn wäre und dass sie es schön fände, dass sie „dunkel“ ist. Das Mädchen selbst sagt, dass es bis auf die Fußsohlen und Handflächen schwarz sei. Ihre Mutter sagt, das Mädchen sei etwas Besonderes, doch sie möchte nicht besonders sein. Das Mädchen wünscht sich vom Christkind, die Maria spielen zu können. Als der Tag der Aufführung kommt, ist das Mädchen, das Maria spielt, krank. Der Lehrer sagt der Ich-Erzählerin, dass sie die Maria spielen soll. Auf der Bühne und auf dem Nachhauseweg lächelt das Mädchen zum ersten Mal. Doch im Text spiegelt sich keine Freude oder ähnliches wieder. Die Geschichte endet mit dem Bild, auf dem das Mädchen lächelnd nach der Aufführung mit ihrer Mutter nach Hause geht.
Ich finde, die Stimmung des Buches ist ausgesprochen deprimierend. Obwohl das Mädchen die Ich-Erzählerin ist, bleibt sie Objekt und Opfer. Sie hat keinen Namen und weite Teile des Buches kein Gesicht.
Sie nimmt hin, erträgt und wehrt sie nicht. Nicht gegen die Frisur, die ihre Mutter bestimmt, nicht gegen die Art wie ihre Mutter über sie spricht, nicht dagegen, das der Lehrer bestimmt, dass sie mit einem Mädchen den Schulweg gehen muss, das sie nicht mag und sie ärgert und misshandelt, nicht gegen das Ärgern und Misshandeln der anderen Kinder und auch nicht gegen die Entscheidung des Lehrers, dass sie ein Schaf spielen muss. Sie schweigt und erträgt. Ihre einzige aktive Handlung entsprechend ihrer Wünsche und Bedürfnisse ist, einen Wunschzettel an das Christkind zu schreiben. Sie wird mehrfach geandert, als Neue, als Ausgegrenzte/Geärgerte, als schwarzes Schaf unter weißen, als kurzhaariges Mädchen unter langhaarigen, als nackt (sonst sind immer nur Gesichter zu sehen), als besonders. Sie hat keine Stimme, die nach draußen dringt, nur als Erzählerin der Geschichte. Sonst schweigt sie und erduldet. So wie das Schaf, das sie spielen soll. Ihr Schwarz-Sein ist nicht positiv besetzt. Die Farbe ihrer Haut wird dem*r der Betrachterin durch vollkommene Nacktheit präsentiert. Letztlich so, wie Schwarze in der Vorstellung vieler W eißer sind: nackt bzw. wenig bekleidet. Ihre Haare nur kurz praktisch. Die Farbe ihrer Haut macht sie laut ihrer Mutter „besonders“, doch das möchte sie nicht sein. Die Mutter bezeichnet sie als „dunkel“, sie selbst nennt die Farbe ihrer Haut „schwarz“, obwohl das ein heller Braunton ist. Schwarz wird also nicht im Sinne der politischen Selbstbezeichnung verwendet, sondern in absurder Weise als eigene Benennung der Farbe der Haut. Es wird nicht deutlich, warum das Mädchen nicht besonders sein möchte. Doch die Assoziation liegt nahe, dass sie es ablehnt, Schwarz zu sein. Doch sie ist real ein Mensch wie jede*r, doch Diskriminierung andert sie. Die Diskriminierung / Rassismus ist das Problem, nicht ihr Schwarz Sein. Aber das legt das Buch nicht nahe, im Gegenteil. Es ist unklar, ob nach ihrem Auftritt als Maria das Mädchen weiter ausgrenzt und gemobbt wird und sie sich weiterhin nicht wohl mit sich selbst fühlt. Das Mädchen bekommt keine Unterstützung von ihrer Mutter, der Lehrer ist auch keine Person, der sie vertraut. Sie ist allein und unverstanden, mit dem was sie erlebt und fühlt. Sie spricht nicht mit ihrer Mutter darüber, was sie in der Schule erlebt. Das, was die Mutter über ihr Schwarz-sein sagt, ist nicht hilfreich, greift das Andern auf, das die Grundlage der Ausgrenzung ist. Das Mädchen erträgt die Situation. Die Assoziation liegt nahe, dass sie das so tut, wie ihre Mutter Schafe sieht:  friedlich und sanftmütig. Duldsam, ohne eigene Handlung außer dem Vertrauen zum Christkind, also zu Gott. Der Titel impliziert, dass das einzig "Erfreuliche" in der Geschichte des Mädchens die Erinnerung daran ist, „als ich Maria war“. Das Buch enthält keinerlei positive Botschaft für Schwarze Kinder und bei weißen Kindern erregt es maximal Mitleid für das Schwarze Mädchen, was auch nicht positiv ist.


Ein namenloses Schwarzes Mädchen ist die Ich-Erzählerin der Geschichte. Erst auf der elften Doppelseite ist zu sehen, dass sie Schwarz ist. Vorher ist ihr Gesicht nicht zu sehen. Sie wird nie mit Namen angesprochen und bleibt so namenlos. Vor kurzen ist sie in den Ort gezogen. Sie ist die einzige Schwarze in der Geschichte. Ihre Mutter ist w eiß, der Vater ist in keiner Form präsent, weder im Bild noch im Text. Ihre Mutter schneidet ihr die Haare kurz, weil das praktisch sei. Warum das angeblich so praktisch sein soll, wird nicht geschrieben. Andere ( w eiße) Mädchen haben lange Haare. Das Mädchen hätte gerne selbst lange Haare. In der Schule wird sie geärgert. Der Lehrer und mehrere Kinder haben Namen. Der Lehrer ist streng und kalt, die Kinder fürchten sich vor ihm. Das Mädchen fürchtet sich so sehr vor ihm, dass sie nicht sagt, dass sie geärgert und gekniffen wird. Als der erste Schnee fällt, ist sie das Ziel der Schneebälle der anderen Kinder. Der Lehrer schaut weg. Sie möchte überhaupt nicht in die Schule. Die Kinder in der Schule üben die Weihnachtsgeschichte ein. Das Mädchen wäre gerne Maria. Sie denkt, sie kann nicht Maria sein, weil ihre Haare kurz sind. Der Lehrer hat entschieden, dass sie ein Schaf spielt. Die anderen Kinder finden das lustig: „Ein schwarzes Schaf...“ Ihre Mutter sagt, dass sie sich freut, dass ihre Tochter ein Schaf spielt, dass Schafe sanftmütig, friedlich und weich seien. Doch das Mädchen übt zu Hause die Rolle der Maria. Sie hofft, dass niemand während der Aufführung über sie lacht, damit ihre Mutter sich nicht wegen ihr schämt. Als das erste Mal zu sehen ist, dass das Mädchen Schwarz ist, steht sie nackt in der Badewanne, den Rücken zur*m Leser*in gewandt, di*er ihr Gesicht im Spiegel sieht. Ihr Gesichtsausdruck ist traurig. Auf dieser Doppelseite erzählt sie, dass sie früher glaubte, dass sie sich mit Schnee weiß waschen könnte. Ihre Mutter sagte dazu, dass das Blödsinn wäre und dass sie es schön fände, dass sie „dunkel“ ist. Das Mädchen selbst sagt, dass es bis auf die Fußsohlen und Handflächen schwarz sei. Ihre Mutter sagt, das Mädchen sei etwas Besonderes, doch sie möchte nicht besonders sein. Das Mädchen wünscht sich vom Christkind, die Maria spielen zu können. Als der Tag der Aufführung kommt, ist das Mädchen, das Maria spielt, krank. Der Lehrer sagt der Ich-Erzählerin, dass sie die Maria spielen soll. Auf der Bühne und auf dem Nachhauseweg lächelt das Mädchen zum ersten Mal. Doch im Text spiegelt sich keine Freude oder ähnliches wieder. Die Geschichte endet mit dem Bild, auf dem das Mädchen lächelnd nach der Aufführung mit ihrer Mutter nach Hause geht.
Ich finde, die Stimmung des Buches ist ausgesprochen deprimierend. Obwohl das Mädchen die Ich-Erzählerin ist, bleibt sie Objekt und Opfer. Sie hat keinen Namen und weite Teile des Buches kein Gesicht.

 

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Nicht zu empfehlen:

Eva Rechlin: Zoff im Avent
 

Reproduktion rassifizierender Stereotype (bezüglich Schwarzer und Menschen ostasiatischer Herkunft), anderende Beschreibung Schwarzer, Reproduktion christlicher schwarz-/weiß-Symbolik, Reproduktion rassistisches Klischee (Schwarze / PoC können gut tanzen), Reproduktion von Hierarchie weiß-ostasiatisch-Schwarz (Lösungs-Kompetenz liegt hauptsächlich bei Weißen, ergänzt durch Beiträge des Jungen ost-asiatischer Herkunft, Widerstand / Protest des Schwarzen Mädchens wird negativ bewertet)
Natalie wird immer wieder andernd und mit rassistischen Begriffen beschrieben. Auch Jojo wird mit einer stereotypen, rassifizierenden Beschreibung den Leser*innen „vorgestellt“, er wird danach nicht mehr beschrieben. Ein Engel folgt dem Teufel ins Innere eines Flugzeugs, das auf dem Weg von Brasilien nach Deutschland ist. Dort sieht er „Vater Gerrit, Mutter Hanna, ihren leiblichen Sohn Bernard, den zehnjährigen Jojo mit der gelblichen Haut und den schrägen Augen und die achtjährige schokoladendunkle Nathalie mit ihrem schwarzen Kraushaar.“ Später im Buch wird Natalie z.B. als „dunkelstes Enkelkind“ bezeichnet. Immer wieder wird sie als dunkel beschrieben. Es wird behauptet, „dass sie geweint hat, verrät ihr dunkles Gesicht nicht so leicht“, was einer stereotypen weißen Vorstellung entspricht. Über das Äußere der W eißen wird an keiner Stelle etwas geschrieben.
In einer Situation fordern einheimische Kinder die Geschwister Natalie, Jojo und ihren weißen Bruder Bernard auf, Lambada zu tanzen. Bernard winkt ab und meint ohne Musik ginge das nicht, doch als die Kinder anfangen und singen, „zappelt Natalie schon los. Sie zerrt Jojo in die Kreismitte und auch er beginnt schlangenhaft zu rucken und zu zucken. (…) sogar Bernard staunt, wie gut seine kleinen Geschwister Lambada tanzen können:“ Ein Mädchen stellte den Kontext zwischen Natalies und Jojos leiblichen Eltern und ihren Tanzkünsten her. Aus meiner Sicht reproduziert, die Szene das Klischee, dass Schwarze / PoC gut tanzen können (während Weiße (steif, klatschend) daneben stehen) und die Art der Beschreibung rückt zusätzlich Jojo und Natalie in die Nähe von Tieren.
In der Geschichte wird christliche hell(=gut=Engel) / dunkel(=schlecht=Teufel)Farbsymbolik reproduziert. Durch die Geschichte führt ein Engel, den die Menschen nicht sehen, doch auch der Teufel ist präsent und sät Zwietracht und Streit. Der Engel ist w eiß, blond und trägt ein blaues oder rotes Gewand, der Teufel ist weiß, braunhaarig und trägt dunkelblaue und graue Kleidung. Im Text umgibt z.B. den Engel ein helles Leuchten und der Teufel ist ein dunkler/finstererdie Absichten des Teufels, sie „locken das Böse an“. Mehrfach wird, wenn benannt wird, dass der Teufel dunkel/finster/schwarz ist, Natalie als „dunkel“ geandert. Das verstärkt die gesellschaftlich Kononaion von dunkel = negativ und rückt Natalie in die Nähe des Teufels. Der Teufel sitzt zu Beginn der Geschichte hinter Nathalie. „Der Engel hört die dunkelhäutige Nathalie in Jojos Ohr flüstern: „Aber diesmal zeige ich es Tante Adela, dass ich sie hasse. Ich hasse, hasse, hasse sie!“ “ Der Teufel reibt sich die Hände und der Engel weiß nun, dass er zu dieser Familie gesandt wurde.
Vorbehalte gegen Tante Adela gibt es bereits zu Beginn der Geschichte nicht nur von Natalie. Keines der Kinder hat für sie ein Geschenk dabei. „Von Jahr zu Jahr wird die Luft davon (von Tante Adelas edlen Taten) sozusagen dicker“.
Von Jojo und Natalie behauptet Tante Adela, dass sie von den Eltern verkauft bzw. an den Straßenrand gelegt wurden. Diese Formulierungen werden immer wieder aufgegriffen. Das geschieht zwar auch in dem Kontext, dass thematisiert wird, welche negative / kränkende Wirkung diese Äußerungen haben, aber später stellt sich heraus, dass Tante Adela nicht gelogen hat, dass sie jedoch die Privatsphäre und Gefühle der Kinder verletzt hat, in dem sie dies Hinz und Kunz erzählt hat. Hinzu kommt, dass Tante Adela zwischen dem ältesten Bruder Bernard, der ihr leiblicher Neffe ist und Natalie und Jojo, die von ihren Eltern adoptiert wurden, unterscheidet. Adela sagt: „Bei den zwei Adoptivkindern weiß man nie, wohin die sich mal entwickeln. Der kleine Jojo: von der eigenen Mutter verkauft! Und Natalie: ein Findelkind! Am Straßenrand abgelegt als sechs Wochen altes Baby, total verkommen.(...) Es ist natürlich grundanständig von ihr (der Mutter von Jojo, Bernard und Nathalie), sich um verwahrloste Kinder zu kümmern“ Sie nennt Jojo und Natalie „die kleinen Würmer“. An einer anderen Stelle sagt sie über die drei Kinder: „Was heißt denn hier Geschwister?“ und stellt damit ihr Verwandtschaftsverhältnis und ihre Beziehung in Frage. Als Folge des Geredes von Tante Adela werden die Geschwister von anderen Kinder gefragt, wer verkauft wurde und wer an den Straßenrand gelegt. So erfahren die Kinder, was Adela über sie verbreitet. Die Kinder, die das gefragt haben, verstehen gar nicht, warum die drei sich so aufregen. Natalie sagt in der Familien-Runde, was Tante Adela verbreitet hat. Tante Adela entschuldigt sich nicht. Natalie erzählt dann den Kindern aus der Nachbarschaft als diese wieder die Aussagen von Tante Adela wiederholen, dass Tante Adela im Keller jemanden versteckt und nur alle drei Tage was zu essen gibt. Aus dieser Lüge wird ein Gerücht, das sich immer mehr verselbstständigt. Die Lüge vergiftet die Stimmung erst zwischen den Geschwistern, dann zwischen allen Familien-Mitgliedern. Am Ende schämt sich Natalie wegen ihrer Lüge so, dass sie Jojo überredet mit ihr über Weihnachten wegzugehen, weil sie hofft, dass sie so das Weihnachtsfest nicht weiter stört, da sie Schatten. Das Schwarze Mädchen Natalie und ihre weiße Tante Adela sind am empfänglichsten für die Absichten des Teufels, sie „locken das Böse an“. Mehrfach wird, wenn benannt wird, dass der Teufel dunkel/finster/schwarz ist, Natalie als „dunkel“ geandert. Das verstärkt die gesellschaftlich Kononaion von dunkel = negativ und rückt Natalie in die Nähe des Teufels. Der Teufel sitzt zu Beginn der Geschichte hinter Nathalie. „Der Engel hört die dunkelhäutige Nathalie in Jojos Ohr flüstern: „Aber diesmal zeige ich es Tante Adela, dass ich sie hasse. Ich hasse, hasse, hasse sie!“ “ Der Teufel reibt sich die Hände und der Engel weiß nun, dass er zu dieser Familie gesandt wurde.
Vorbehalte gegen Tante Adela gibt es bereits zu Beginn der Geschichte nicht nur von Natalie. Keines der Kinder hat für sie ein Geschenk dabei. „Von Jahr zu Jahr wird die Luft davon (von Tante Adelas edlen Taten) sozusagen dicker“.
Von Jojo und Natalie behauptet Tante Adela, dass sie von den Eltern verkauft bzw. an den Straßenrand gelegt wurden. Diese Formulierungen werden immer wieder aufgegriffen. Das geschieht zwar auch in dem Kontext, dass thematisiert wird, welche negative / kränkende Wirkung diese Äußerungen haben, aber später stellt sich heraus, dass Tante Adela nicht gelogen hat, dass sie jedoch die Privatsphäre und Gefühle der Kinder verletzt hat, in dem sie dies Hinz und Kunz erzählt hat. Hinzu kommt, dass Tante Adela zwischen dem ältesten Bruder Bernard, der ihr leiblicher Neffe ist und Natalie und Jojo, die von ihren Eltern adoptiert wurden, unterscheidet. Adela sagt: „Bei den zwei Adoptivkindern weiß man nie, wohin die sich mal entwickeln. Der kleine Jojo: von der eigenen Mutter verkauft! Und Natalie: ein Findelkind! Am Straßenrand abgelegt als sechs Wochen altes Baby, total verkommen.(...) Es ist natürlich grundanständig von ihr (der Mutter von Jojo, Bernard und Nathalie), sich um verwahrloste Kinder zu kümmern“ Sie nennt Jojo und Natalie „die kleinen Würmer“. An einer anderen Stelle sagt sie über die drei Kinder: „Was heißt denn hier Geschwister?“ und stellt damit ihr Verwandtschaftsverhältnis und ihre Beziehung in Frage. Als Folge des Geredes von Tante Adela werden die Geschwister von anderen Kinder gefragt, wer verkauft wurde und wer an den Straßenrand gelegt. So erfahren die Kinder, was Adela über sie verbreitet. Die Kinder, die das gefragt haben, verstehen gar nicht, warum die drei sich so aufregen. Natalie sagt in der Familien-Runde, was Tante Adela verbreitet hat. Tante Adela entschuldigt sich nicht. Natalie erzählt dann den Kindern aus der Nachbarschaft als diese wieder die Aussagen von Tante Adela wiederholen, dass Tante Adela im Keller jemanden versteckt und nur alle drei Tage was zu essen gibt. Aus dieser Lüge wird ein Gerücht, das sich immer mehr verselbstständigt. Die Lüge vergiftet die Stimmung erst zwischen den Geschwistern, dann zwischen allen Familien-Mitgliedern. Am Ende schämt sich Natalie wegen ihrer Lüge so, dass sie Jojo überredet mit ihr über Weihnachten wegzugehen, weil sie hofft, dass sie so das Weihnachtsfest nicht weiter stört, da sie sich die Schuld für eskalierte Situation gibt.
Natalies Protest und Gegenwehr gegen Tante Adelas diskriminierenden Verhalten wird mit diesem auf gleiche Stufe gestellt und als kontraproduktiv dargestellt, obwohl sie diejenige ist, die das Verhalten benennt. Dass Jojo auf Tante Adela zugeht, empfindet Natalie vor dem Hintergrund von Adelas Verhalten als Verrat. Dass aber Jojo selbstständig zur Lösung des Konflikts beiträgt und Natalie zur Verschärfung, bewertet Natalies Verhalten negativ. Jojo ist zu Beginn der Geschichte ratlos bezüglich Natalies ablehnender Haltung Tante Adelas gegenüber und er denkt, dass Natalie ihm oft gescheiter vorkommt. Doch im Laufe der Geschichte wird er als der Gescheitere von Beiden dargestellt.
Tante Adelas diskriminierendes Verhalten wird mit ihren „Gewohnheiten („gewohnt den Ton anzugeben), damit dass sie erschöpft und überfordert ist und mit der Anwesenheit des Teufels erklärt. Das relativiert ihr Handeln.
Den ersten Beitrag zur positiven Veränderung leistet die weiße Mutter, weil sie zu Beginn der Geschichte durch ihr Gebet den Engel herbei ruft, der die Familie begleitet. Beiträge zur Lösung des Streits kommen von der weißen Nachbarin und vom weißen Vater, die sich in Tante Adela einfühlen, verstehen, dass sie aus Gründen der Überforderung sich so verhält, sie ernst nehmen, gleichzeitig ihr Grenzen aufzeigen und Ideen zur Verbesserung haben (Rollstuhl). Auch die weiße Großmutter trägt durch klare Worte an Adela zur Veränderung bei, sagt, dass Rache alles immer nur noch schlimmer macht und weil sie Natalie zu Beten und Hoffen auffordert. Onkel Fredi hat die Idee eines Elektro-Motors für den Rollstuhl zur Entlastung von Tante Adela. Er sucht das Gespräch mit den Geschwistern, als er merkt, dass die Stimmung von und zwischen ihnen ganz und gar nicht in Ordnung ist. Er schreibt Tante Adela einen Brief, in dem er offensichtlich klare Worte an sie richtet, die bei ihr Veränderungen herbei führen. Bernard redet Natalie immer wieder ins Gewissen, dass sie wegen ihrer Lüge einsichtig sein soll und etwas deswegen tun. Er drängt sie Onkel Fredi zu sagen, was los ist. Bernard erzählt den Eltern von Natalies Lüge und den daraus entstandenen Gerüchten. Er erklärt auch Tante Adela, warum ihr Gerede über Jojo und Natalie die beiden so gekränkt hat und dass Tante Adela der Ursprung für Natalies Lüge ist. Auch Jojo tut seinen Teil für ein positives Ende, er schreibt einen Hinweis in die Nachricht, die er und Natalie hinterlassen, als sie über Weihnachten weggehen wollen, weil sie sich die Schuld für all den Ärger geben. Jojo bemüht sich zuvor außerdem immer wieder, die Stimmung zu verbessern, in dem er z.B. Situationen beendet und mit Onkel Fredi Briefmarken sortiert, sich überlegt wie er Tante Adela eine Freude machen kann, Natalie sagt, sie würde lieber Schlechtes denken und Tante Adela fragt, warum sie gegen den Rollstuhl für die Oma und Onkel Fredi ist. Frau Wendel spricht die Kinder auf die Gerüchte an, fordert sie auf, den Eltern zu sagen, was los ist und verweist Natalie darauf, dass sie einen Schutzengel hat, der ihr vermutlich helfen wird. Sie benennt den Kindern gegenüber, dass der Ursprung der durch Natalies Lüge eskalierte Situation das Handeln von Tante Adela ist: „Das das Böse aber auch immer wieder neues Böses hervorbringen muss“.
Durch einen Schubs des Engels zeigt sich der Großmutter, dass Natalie die Gerüchte verursacht hat. Mit der Anleitung von Onkel Fredi trägt Natalie am Ende des Buches zur positiven Veränderung durch Beten bei, doch alleine kann sie das nicht. Als sie mit Jojo weggeht, begleitet der Engel sie. Durch Onkel Fredis Brief und das Gespräch mit Bernard angeregt, zeigt Tante Adela Verständnis für Natalies Wunsch nach Rache. Sie geht los, um Natalie und Jojo zurück nach Hause zu holen und entschuldigt sich bei Jojo und Natalie. Natalie bittet sie daraufhin um Verzeihung. Auch hier sind Natalie und Tante Adela gleich gestellt, beide brauchen Impulse von außen, um letztendlich etwas zur Veränderung und zur Lösung des Konflikts beizutragen.
Nach der Versöhnung verschwindet der Teufel und der Engel freut sich. Seine Freude steckte alle im Haus an.
Ich konzentriere mich in diesem Text auf die Reproduktion von Rassismus. Es werden aber auch stereotype Bilder über chronisch kranke Menschen reproduziert. Kurz umreiße ich hier die Punkte: Tante Adela unterstützt ihre Mutter, diese kann wegen Schmerzen sich nur mühsam mit einem Rollator bewegen, Treppe steigen und spazieren gehen kann sie nicht. Der Mann von Tante Adela hat eine „Nervenkrankheit“, er kann nicht mehr gehen und nur mühsam sprechen. Dass Tante Adela für ihre Mutter und ihren Mann da ist, wird von Jojo und vom Engel zu Beginn der Geschichte als edel bezeichnet, ihre diskriminierenden Handlungen, von verschiedenen Menschen mit ihrer Überlastung erklärt. Tante Adela entmündigt beide. Sie werde beide als passiv beschrieben, die sich erst durch die Unterstützung ihrer nicht-behinderten FamilienMitglieder anfangen zu wehren. Diese Gegenwehr wird nicht als negativ dargestellt. Ihre Situation ändert sich im Laufe des eskalierenden Konflikts zum Positiven. Doch dass Beide den gleichen Rollstuhl benutzen sollen, zeigt, dass die persönliche Bedeutung, die ein Rollstuhl hat, nicht gewürdigt wird, so dass auch diese scheinbar gute Lösung einen abelistischen Hintergrund hat. Hinzu kommt, dass die Idee für den Rollstuhl nicht von den Betroffenen selbst kommt.


 

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