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Nicht zu empfehlen:

Tomi Ungerer: Neue Freunde

 

Schwarze Menschen (Rafi und seine Eltern) haben rosa Lippen, was an BlackFacing erinnert und sie geschminkt wirken lässt. Nicht-Schwarze Menschen haben Lippen, die den gleichen Farbton haben wie der Rest ihres Gesichtes (außer einige geschminkte Frauen*). Rafi trägt fast ständig eine Kappe, die „afrikanisch“ anmuten soll, ansonsten ist er „europäisch“ gekleidet. Seine Mutter trägt bis auf ein Bild immer Kopftücher und „europäische“ Kleider oder Röcke. Ki hat eine stereotype Frisur, eine Brille (was auch eine Reproduktion vieler Darstellung von Ost-Asiat*innen ist) und „ostasiatisch“ geschnittene / gemusterte Kleidung. Ihre Mutter trägt auf einem der beiden Bilder, auf denen sie zu sehen ist, einen stereotypen Hut. Auch Ki trägt einen solchen Hut auf dem letzten Bild. Auf diesem Bild trägt Rafi einen Turban. Das Bild soll die beiden als Erwachsene zeigen. Kis Mutter trägt „ost-asiatisch“ anmutende Kleidung. Die Väter tragen „europäische“ Kleidung.
Die Namen der Kinder sind so konstruiert, dass sie zusammen Rafiki ergeben, was ihr gemeinsamer Künstler*innen-Name wird. Diese Namenswahl ist exotisierend. Rafi hat als Nachnamen Bamako, vermutlich soll das einen Bezug zu „Afrika“ konstruieren, da sein Nachname der Name die malischen Hauptstadt ist. Kis Nachname soll Sing sein, das soll vermutlich einen ostasiatischen Bezug herstellen, wie auch die Kleidung von Ki und ihrer Mutter, Kis Frisur und der Hut. Im Text wird nichts diesbezüglich geschrieben.
Rafis Familie hat eine Trommel und eine Uhr. Diese ist „umrahmt“ von einer Palme und einer nackten, nach vorne gebeugten Frau, auf deren Po di*er Betrachter*in schaut. Diese beiden Gegenstände sind direkt auf dem ersten Bild im Vordergrund zu sehen, auf dem die Leser*innen Rafi und seine Familie „kennenlernen“. Auf einem späteren Bild, das das Wohnzimmer von Rafis Familie zeigt, ist eine weitere Trommel zu sehen. Außerdem dient eine Figur, die vermutlich „afrikanisches“ Kunsthandwerk sein soll, als Bein des Coach-Tisches und eine stilisierte, nackte Schwarze Frauen-Figur als Ständer einer Stehlampe. Die FrauenFigur wirkt wie ein Mischwesen aus Mensch und Tier, Die Figur unter dem Tisch soll vermutlich ein Mann mit einer Maske sein. Die zwei Trommeln und die Figur unter dem Tisch sind eine zusätzliche stereotype Kontextualisierung von Rafis Familie mit „Afrika“. Auch die Frauen-Figuren sollen - genau wie die Namen und die Kopfbedeckungen - diesen Bezug herstellen. Im Text wird nichts diesbezüglich geschrieben. Auf dem ersten Bild ist u.a. zusätzlich weibliche Unterwäsche zu sehen. Zusammen mit der nackten Frauenfigur wirkt das sexualisiert, was eine Reproduktion der rassistischen Sexualisierung von Schwarzen Frauen bzw. Frauen of Color entspricht. Diese sexualisierte Darstellung Schwarzer Frauen bekommt bei der Figur, die den Lampenschirm hält, zusätzlich einen animalischen Charakter. Das entspricht der rassistischen Sichtweise, dass Schwarze Menschen Tieren näher stehen als W eiße. Zur Sexualisierung von Frauen of Color passt auch, dass auf dem Bild, auf dem beide Familien einen Ausflug ans Meer machen, Rafis Mutter und Kis Mutter einen Badeanzug bzw. Bikini tragen, während die Väter Shirts & kurze Hosen an haben.
Auf einem Bild, auf dem Rafi und Ki zusammen essen, hält Rafi zwischen zwei Gabeln einen kleinen toten Hund, in einer Suppenschüssel ist die Rückenflosse eines Miniatur-Haies zu sehen und auf einen Teller nistet eine Schwalbe. Rafi fragt Ki „Esst ihr wirklich so komisches Zeug wie Vogelnester, Haifischflossen und Hunde?“ Daraufhin lacht Ki und sagt: „Pizza ist mir lieber!“. Vermutlich soll dieses Bild mit dem Text auf Stereotype hinweisen, doch leider ist das nicht gelungen, da zwei traditionelle Gerichte ins Lächerliche gezogen werden und das Klischee, dass Chines*innen Hunde essen reproduziert wird. Auf dem Bild sind außerdem ein Lampion mit Schriftzeichen zu sehen, im Hintergrund ist ein schwarzer Drache (soll vermutlich die Wandbemalung sein) und die Kinder essen von einem asiatisch anmutenden Tisch. Wahrscheinlich soll die Szene bei Ki zu Hause spielen. Auch dies ist eine Reproduktion von Stereotypen.
Letztlich ist auch dass Rafi handwerklich sehr geschickt ist (und Bildhauer wird) und Ki nähen kann (und Modedesignerin wird) eine Anlehnung an Stereotype.
Ich nehme an, dass hinter dem Konstrukt, dass Rafi seinen 10. Geburtstag „ganz allein mit seinen Eltern“ feiert, da er „keine Freunde hatte, die er hätte einladen können“, weil er „fremd in der Gegend“ war und ihn „die anderen Kinder links liegen ließen“, seine einzige Freundin Ki wird und die w eißen Kinder aus der Nachbarschaft (andere Kinder of Color scheint es nicht zu geben) erst mit ihren was zu tun haben wollen, als sie von Rafis und Kis Kunstwerken (ihre (wegen ihrer Einsamkeit) selbstgebauten „Freunde“) fasziniert sind, eine „wohlgemeinte“ Botschaft an weiße Kinder sein soll. Doch das fällt unter „gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht“ und

die Situation wirkt auf mich nicht stärkend für Kinder of Color.
Rassismus kritisch/ironisch soll vermutlich die Seite wirken, auf der Ki, Rafi und Herr Bamako Sachen vom Schrottplatz hohlen und ein w eißer Mann zu einem anderen W eißen sagt: „Schau mal diese Ausländer. Die klauen uns sogar den Müll“. Der sprechende Mann ist wie ein stereotyp dargestellter Dieb gezeichnet und beide haben ein Loch im Kopf, so dass zu sehen ist, dass ihre Köpfe hohl sind.
Ich halte es für unrealistisch, dass zwei 10jährige Kinder weibliche Figuren als „Freundinnen“ schaffen, die über ihre Kleidung Slip und BH trägt oder die Brüste durch Blumen betonen. Das wirkt auf mich mehr die eine Phantasie es Autors.

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Nicht zu empfehlen:

Tomi Ungerer: Otto: Autobiographie eines Teddybären
 

Die Geschichte ist aus der Perspektive des Teddys Otto geschrieben, er ist der Ich-Erzähler.
Handlung / Darstellung: Der Teddy Otto wird dem braun-haarigen, weißen, jüdischen Jungen David zu seinem 5. Geburtstag geschenkt. Seine Eltern haben schwarze bzw. braune Haare. David trägt ein weißes Hemd unter einem blauen Pullover, sein Vater Anzug, Hemd und Krawatte, seine Mutter ein Kleid oder Bluse mit einer Kette oder Brosche. Davids Vater hat eine Schreibmaschine. Davids bester Freund ist der blonde, weiße nicht-jüdische Nachbarsjunge Oskar, der auf der gleichen Etage wohnt. Seine Eltern haben hellblonde bzw. dunkelblonde Haare.
David und Oskar machen viel mit einander. „Wir steckten immer zusammen und dachten uns immer neue Streiche aus.“ Bei einer Gelegenheit erhielt der Teddy einen großen Tintenfleck über das rechte obere Viertel seines Gesichts, was ihn unverwechselbar machte und ein wenig an ein blaues Auge erinnert. David und Oskar erschrecken mittels des verkleideten Teddys die Nachbarin Frau Schmidt, die strickend in einem Sessel sitzt, neben sich auf dem Beistelltisch eine Tasse und eine Teekanne stehen hat und eine Bluse mit Rüschen und ein Medaillon trägt, ihre Haare sind unbedeckt.
„Eines Tages“ muss David einen gelben Stern tragen, auf dem Jude steht. „Jeder sollte sehen, dass er anders war. Aber alle Menschen waren doch gleich! Wir verstanden die Welt nicht mehr.“ Auf dem Bild stehen David und Oskar neben einander, Oskar hat seinen Arm um Davids Schulter gelegt, zeigt auf den gelben Stern und fragt seine Mutter, die gerade näht, etwas. Beide Kinder sehen nicht beunruhigt aus, doch der Ausdruck der Mutter wirkt nachdenklich-besorgt. Die Mutter trägt ein schlichtes Oberteil und schlichtem blaugrünen Rock, ihre Haare sind unbedeckt. Kurz darauf wird David mit seinen Eltern deportiert. Als sie von der Gestapo „abgeholt“ werden, sehen sich David und Oskar im Treppenhaus. David gibt Oskar den Teddy zum Abschied. Oskar sieht vom Fenster aus wie David, seine Eltern und andere J*üdinnen in einen Lastwagen steigen müssen. Oskars Eltern sind in beiden Szenen nicht zu sehen.
Oskar ist ohne David einsam und spricht oft von ihm mit dem Teddy. Dann muss Oskars Vater zur Wehrmacht und an die Front. Beim Abschied am Bahnhof sind alle sehr traurig. Die Mutter trägt ein Kostüm mit passender Kopfbedeckung, Handtasche und Schuhe. Oskar muss bei Bombenangriffen in den Luftschutzkeller sitzen und nimmt den Teddy dorthin mit. “Draußen sank alles in Schutt und Asche. Eines Tages gab es einen gewaltigen Knall. Ich flog durch die Luft und verlor die Besinnung.“ Auf dem Bild sind zerstörte Häuser, eine brennende Straßenbahn, ein liegender, blutiger Mann in Zivil und der Teddy, der aus einem Loch fliegt, aus dem Rauch und Funken kommen, zu sehen.
Auf dem nächsten Bild sind brennende, rauchende Trümmer, ein brennender Panzer, zwei tote deutsche und ein w eißer toter US-amerikanischer Soldat und drei lebende US-amerikanische Soldaten (einer Schwarz, zwei w eiß) mit Gewehren zu sehen. Der Teddy liegt auf Trümmern, neben ihm ragt eine Hand aus dem Schutt und ein verbeulter Kinderwagen liegt auch dort. Ein Schwarzer US-amerikanischer Soldat sieht ihn an. Der Soldat hat volle, rötliche bis rosafarbene Lippen. (Die w eißen Jungen, Männer und älteren Frauen haben Lippen, die die gleiche Farbe haben wie die Haut ihrer Lippen, die jüngeren Frauen haben roten Lippen, die geschminkt wirken) Der Soldat hebt den Teddy hoch, hält ihn vor sich und er wird von einer Kugel getroffen, die zuerst den Teddy durch schlägt. Zwei w eiße US-amerikanische Sanitäter bringen den Soldaten, der den Teddy weiter auf dem Arm hält, ins Krankenhaus. Der Soldat, der Charlie heißt, überlebt und näht im Krankenbett das Loch, das die Kugel in den Teddy gerissen hat.  Neben ihm liegt ein w eißer Soldat. Eine w eiße Krankenschwester steht neben seinem Bett und deutet auf den Teddy. „Er ließ mich nicht mehr von meiner Seite und erzählte allen: „Schaut, dieser Teddy hat mir das Leben gerettet (…)“ Charlie bekommt einen Orden, den er dem Teddy an die Brust heftet. Das Bild des Teddys kommt in eine USZeitung, in der Überschrift steht: „Teddy bear hero saves life of GI Charlie“.
Nach Ende des Krieges kehrt Charlie in die USA zurück und schenkt den Teddy seiner Tochter Jasmin, die sich sehr freut. Ihre Mutter oder ältere Schwester steht hinter Charlie und trägt ein Kleid und Ohrringe. Jasmin trägt auf allen Bildern violette bzw. rosa Kleidung und zwei Zöpfe mit rosa Schleifen, es sind unterschiedliche Kleider. Alle Schwarze haben rosa (ungeschminkte) Lippen. Jasmin umsorgt den Teddy und baut ihm in einem Karton ein Bett. Im Hintergrund ist ihre Mutter oder Großmutter zu sehen, die in der Küche Wäsche aufhängt. Sie trägt ein blaues Kleid, Schürze und ein Kopftuch. Im Vordergrund ist Jasmins BabySchwester zu sehen. „Doch mein Glück dauerte nicht lange. Auf einem Spaziergang fiel ich einer Bande von Straßenjungen in die Hände.“ Drei Schwarze Jungen treten den Teddy mit den Füssen und schlagen ihn mit Baseballschlägern. Im Hintergrund sind zwei Männer, einer w eiß, der andere vermutlich Schwarz und schauen zu. Im Vordergrund ist Jasmin, entsetzt und hilflos. Dreckig, zerrupft, mit nur noch einem Auge landet der Teddy in einer Mülltonne. „Dort fand mich eine alte Frau, die den Abfall durchsuchte.“ Diese Frau sammelt Flaschen und anderes, um dies zu verkaufen. Sie verkauft den Teddy an einen Trödel-Händler, der ihn reinigt und repariert und ihn als „Sammlerstück“ in sein Schaufenster setzt. Der Händler hat rote Haare und einen roten Kinnbart, trägt eine violette Kappe, die an einen Fes erinnert, eine schwarze Jacke, grüne Weste, blaue Krawatte und weißes Hemd.
„Aber keiner wollte mich haben. Jahr um Jahr verging.“ Bis ein alter Tourist ihn im Schaufenster sieht und ihn erkennt. Es ist Oskar. Die Geschichte von dem Teddy und Oskar kommt in die Presse. Oskar wird im Hotel von David angerufen. Oskar sagt zu David, dass er zu ihm kommt. Während seines Telefonats mit Oskar hat David eine Zeitung vor sich, wählt ein Telefon mit Wählscheibe, sitzt in einem altmodischen Rollstuhl vor einem Regal voller Bücher, auf dem Schreibtisch steht eine Schreibmaschine, die genau wie die Schreibmaschine seines Vaters aussieht, auf einem kleinen Tisch steht eine Tasse mit Kaffee und eine Kaffeekanne. Dann feiern David und Oskar ihr Wiedersehen bei David zu Hause. „David und Oskar hatten als einzige ihrer beiden Familien überlebt. David und seine Eltern waren in ein Konzentrationslager verschleppt worden. Seine Eltern wurden getötet. Oskars Vater war im Krieg gefallen, seine Mutter bei einem Bombenangriff umgekommen.“ David sitzt im Rollstuhl, den Teddy auf seinem Schoß, neben ihm liegen Bücherstapel auf dem Boden. Oskar sitzt im Sessel neben ihm, einen Arm um Davids Schulter gelegt und in der anderen Hand eine Tabak-Pfeife. Beide haben graue Haare bzw. Halbglatze, Falten und tragen eine Brille. Neben ihnen stehen eine Flasche und zwei Gläser, Schnaps oder Sekt vermutlich. Hinter ihnen hängen zwei Bilder jeweils einer nackten w eißen Frau darauf. David und Oskar ziehen zusammen. „Endlich war das Leben so, wie es sein soll: friedlich und normal.“ Und der Teddy Otto schreibt auf Davids Schreibmaschine seine Autobiographie.

 

Kritik:

Mir gefällt, dass die Geschichte aus der Perspektive eines Teddys erzählt wird, der Teil einer Freundschaft eines jüdischen und eines nicht-jüdischen Jungen ist. Ich denke, dass diese Perspektive für unterschiedliche Kinder eine Identifikationsmöglichkeit bietet. Positiv finde ich, dass niemand in dem Buch als jüdisch, christlich, w eiß, Schwarz bezeichnet wird. Mir gefällt auch, dass gezeigt wird, was Menschen Menschen im Krieg antun.
 

Ich empfehle dieses Buch allerdings nicht, da in ihm Rassismus, Antisemitismus und Sexismus reproduziert und die Verantwortung nicht-jüdischen weißen Deutscher an der Shoa relativiert wird.

Reproduktion von Rassismus: Zunächst blieb ich massiv wegen der Szene hängen, in der drei Schwarze Jungen den Teddy, der in dem Buch Identifikationsfigur und vermenschlicht ist, „misshandeln“. Der Sinn und die Notwendigkeit dieser Szene erschließt sich mir nicht. Gleichzeitig wird eine sehr negative Handlung mit drei Schwarzen verbunden, die als eine „Bande von Straßenjungen“ bezeichnet werden.
Hinzu kommt die Art wie Schwarze in dem Buch gezeichnet sind. Die hellen bis rötlichen Lippen sind unrealistisch und entsprechen gleichzeitig der verbreiteten stereotypen Darstellung von Schwarzen.
Charlie hebt mitten im Kampfgeschehen einen Teddy auf, hält diesen vor seine Brust, wird angeschossen und schwer verwundet und behält ihn nach der Verwundung bei sich. Er wird auf der Bahre liegend, den Teddy auf seiner Brust haltend von den Sanitäter weggetragen und kann den Teddy auch mit ins Lazarett nehmen. Das alles wirkt auf mich sehr unrealistisch und hat etwas sehr Kindliches. Das Kindliche ließ mich vor dem Hintergrund, dass Schwarze von Weißen oft verkindlicht werden und damit für nicht „vollwertig“ erklärt werden, sehr stutzig werden. Das dieses Stutzig werden berechtigt ist, zeigt sich für mich bei genauerem Hinsehen. (s.u.)
Ich kritisiere die Namenswahl für den US-amerikanischen Soldaten Charlie als stereotyp und auch dass Charlie nicht einmal in der Überschrift in dem Zeitungsartikel über den Teddy einen Nachnamen erhält. Das passt zur Verkindlichung seiner Person. Dass er verkindlicht wird, zeigt sich auch darin, dass er als einziger Erwachsener in dem Buch einen Vornamen hat. Das stellt ihn auf eine Stufe mit den Kindern David, Oskar und Jasmin und auch mit dem Teddy, der durch seine Vermenschlichung wie ein Kind wirkt und ebenfalls mit Vornamen genannt ist. Alle anderen Erwachsenen haben bis auf Frau Schmidt, der David und Oskar einen Streich spielen, gar keine Namen und Frau Schmidt wird eben nicht mit ihrem Vornamen genannt.
Charlies Lebenssituation in den USA wirkt ärmlich (Kleidung, Wäsche in der Küche aufhängen). Das entspricht einem beschränktem Bild von Weißen über Schwarze in den USA der 1940er Jahre.
Mir ist unklar, warum der Autor sich entschieden hat, dass ein Schwarzer US-amerikanischer Soldat den Teddy findet und kein weißer.
Doch für mich hat diese Wahl den Geschmack von Vereinnahmung, um das gezeichnete Bild durch einen Schwarzen und seine Familie „bunter“ zu machen. Vielleicht war dies das bewusste Motiv des Autors, das aber leider unter „gut gemeint, ist nicht gut gemacht“ fällt. Bei genauerer Betrachtung kommt hinzu, dass es vor dem stereotypen, rassistischen Bild von kindlichen, naiven Schwarzen passt, dass ein Schwarzer Soldat den Teddy findet und nicht ein w eißer. Zu diesem Bild passt auch, dass der Teddy dem Soldaten das Leben rettet und zum Helden wird und nicht der Soldat den Teddy rettet und damit ein Held ist. Der Schwarze Soldat erkennt auch die Heldenrolle des Teddys an, in dem er dem Teddy den Orden gibt, der ihm verliehen wurde. Hinzu kommt, dass Charlie nun immer bei sich trägt und allen erzählt: „Schaut, dieser Teddy hat mir das Leben gerettet.“ Auch dies wirkt kindlich und naiv. Bei einem W eißen würde dieses ganze Konstrukt vermutlich auf viele (erwachsene w eiße) Leser*innen weniger stimmig wirken. Vor dem Hintergrund des ansonsten Gender-konformen Verhaltens der Personen in dem Buch, macht es auch einen Sinn, dass ein Schwarzer den Teddy näht, weil Schwarzen Männern oft ihre Männlichkeit abgesprochen wird (wenn ihnen nicht gerade eine übertriebene Maskulinität zugesprochen wird). Das Nähen ist auch eine Geste der Dankbarkeit des Schwarzen gegenüber dem heldenhaften Teddy. Den ansonsten gender-konformen Verhalten folgend hätte eigentlich die Krankenschwester den Teddy für den Soldaten nähen müssen. Dazu, dass Charlie Schwarz und arm ist, passt, dass es in der Nachbarschaft eine „Bande von Straßenjungen“ gibt, die Jasmin den Teddy wegnehmen. In ein weißes nicht-armes Viertel, in das ein weißer Soldat zurückgekehrt wäre, hätte diese Szene so nicht gepasst. Auch nicht eine weiße, arme, rotnäsige, alte, ungepflegte Lumpensammlerin, die den Teddy an einen Trödler verkauft. So konstruiert die ganze Geschichte auch ist, um sie vor unreflektierter stereotyper w eißer Sichtweise halbwegs stimmig zu machen, musste also ein Schwarzer Soldat den Teddy finden. Ich unterstelle, dass all diese Zusammenhänge dem Autor nicht bewusst waren, aber sie haben unbewusst eine Rolle gespielt.

Teddy zurückzuholen, was einer passiven weiblichen Rolle entspricht. Dass Jasmin ihren Teddy nicht selbst der Mülltonne holt, unterstreicht den Eindruck von Passivität. Ich finde, es wirkt sehr unverständlich, dass Jasmin ihren Teddy nicht holt. Da Jasmin Schwarz ist, kommt eine Verschränkung von Rassismus und Sexismus hinzu, bei der „Umsorgen“ und „Dienen“ mit einander einhergeht. Die Szene, in der der Teddy Jasmin weggenommen wird, würde in dieser Form nicht funktionieren, wenn Charlie einem Sohn den Teddy geschenkt hätte. Dass einem Mädchen der Teddy abgenommen wird und sie sich nicht wehrt, macht die Szene für viele Leser*innen plausibler.
Relativierung nicht-jüdischer deutscher Täter*innenschaft: Leider passt, dass sowohl David als auch Oskar ihre Eltern als Kinder verlieren, in die gängige deutsche nicht-jüdische Lesart der Shoa und des 2.Weltkriegs, in der „alle“ gleichermaßen Opfer waren. Mit dieser Lesart wird die Shoa und die Verantwortung nicht-jüdischer Deutscher, die nicht zu anderen im NS verfolgten Gruppen gehörten, relativiert.
Reproduktion von Antisemitismus Die Wahl der Farbe der Haare von Oskar, David und ihren Eltern ist stereotyp. Oskar als nicht-jüdischer Jungen ist blond, seine Eltern ebenso. David und seine Eltern haben dunkle Haare. Dazu kommt die stereotype Namenswahl für den jüdischen Jungen.
Mich stört auch, dass Oskar als Kind auf mehreren Bildern, auf denen er mit David zu sehen ist, eine „bayrische“ Lederhose trägt, während David Knickerbocker an hat. Auch dies verstärkt zusätzlich das Stereotyp des blonden deutschen Jungen im Gegensatz zu dem jüdischen Jungen, der weder blonde Haare noch eine Lederhose haben kann.
Außerdem wird David bzw. seine Familie als Intellektuelle dargestellt (Schreibmaschine und viele Bücher) und auch als relativ wohlhabend (siehe Kleidung). Das entspricht antisemitischen Vorurteilen über J*üdinnen.
Auch die Frauenakt-Bilder in Davids Wohnzimmer als David ein erwachsener alter Mann ist, stoßen mir vor dem antisemistischen Hintergrund auf, dass jüdische (alte) Männer von Nicht-J*üdinnen oft als „lüstern“ und „geil“ gesehen  werden.
Reproduktion von Gendernormen / Sexismus und Verschränkung mit Rassismus Ich kritisiere auch den gender-konformen Umgang von Oskar und David bzw. Jasmin (der Tochter von Charlie, die den Teddy von ihm geschenkt bekommt) mit dem Teddy. David und Oskar spielen mit dem Teddy Streiche, Jasmin baut dem Teddy ein Bett und geht mit ihm spazieren. Damit sind Oskar und David aktive „Lausbuben“ und Jasmin erfüllt die weibliche Rolle der Umsorgenden. Als der Teddy von den drei Jungen „misshandelt“ wird, ist sie hilflos, entsetzt und unfähig, ihren

 

Fehlerhafte Darstellung im historischen Kontext:

Zusätzlich zu diesen stereotypen Darstellungen kommt eine Reihe historischer Fehler.
David ist fünf Jahre alt und trägt einen gelben Stern. J*üdinnen mussten in Deutschland ab dem 1.9.1941 ab dem Altern von 6 Jahren diesen Stern tragen. Doch evtl. soll in dem Buch bereits ein Jahr seit Davids Geburtstag vergangen sein. Doch das würde bedeuten, dass dass David und Oskar noch enge Freunde sind, als viele nicht-jischen Deutschen sind deutlich von j+dischen Deutschen distanziert hatten.
David wird im Alter von fünf Jahren (oder unwesentlich älter) mit seinen Eltern ins KZ verschleppt und überlebt im Gegensatz zu seinen Eltern. Jüdische Kinder seines Alter haben KZs nicht überlebt  (außer vielleicht mit sehr viel Glück im KZ Theresienstadt), sondern sie wurden direkt für die Ermordung in der Gaskammer selektiert, außer sie wurden für Menschenversuche „gewählt“, die kaum eine*r überlebte.
Es ist unrealistisch, dass Oskar ins Treppenhaus geht, während David und seine Eltern deportiert werden, die beiden sich verabschieden können und David Oskar den Teddy geben kann. In solchen Situationen haben nicht-verfolgte Erwachsene aus unterschiedlichen Gründen verhindert, dass sich ihre Kinder in der Öffentlichkeit zeigen.
Oskars Vater wird erst nach der Deportation von David und seinen Eltern zur Wehrmacht eingezogen. Die Deportation kann erst Ende 1941, eher aber 1942 stattgefunden haben, da müsste ein Mann im Alter von Oskars Vaters schon längst eingezogen sein (außer er hatte einen „kriegswichtigen“ Beruf).
Im 2. Weltkrieg herrschte in der US-Armee strikte Segregation. Charlie kann nicht mit w eißen Soldaten in einem Regiment gewesen sein, von w eißen Sanitätern abtransportiert worden sein, neben einem w eißen Soldaten im Krankenbett gelegen haben und auch die w eiße Krankenschwester an seinem Bett ist unrealistisch.
David und Oskar kommen wieder zusammen als beide alte Männer sind. Da sie Anfang der 1940er Jahre ca. fünf oder sechs Jahre alt sind, müssten mindestens 60 Jahre vergangen sein, damit ihre Darstellung ihrem Alter entspricht, eher mehr. Das wäre ca. im Jahr 2000 oder später.  Doch dazu passen weder Davids Rollstuhl, Telefon, noch Schreibmaschine.
Die Darstellung der Schreibmaschine von Davids Vater und die, die David als alter Mann besitzt, legt die Assoziation nahe, dass es das gleiche Gerät ist. Dies ist Sonstige Ungereimtheiten Als die Lumpensammlerin den Teddy zum Trödler bringt, ist der Teddy maximal wenige Jahre alt und damit kein Sammlerstück. Daher ist es unwahrscheinlich, dass ein Händler so einen verschmutzten, beschädigten Teddy ankauft.
Hinzu kommt, dass es unrealistisch ist, dass ein Antiquitäten-Händler einen Teddy über Jahrzehnte zum Verkauf anbietet, zumal der Händler bereits beim Ankauf alt war.

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Nicht zu empfehlen:

Sanderijn van der Doef: Vom Liebhaben und Kinderkriegen: Mein erstes Aufklärungsbuch
 

Zum Teil stereotype rassistische Illustrationen und Aussagen. Außerdem heteronormative, sexistische und cis-sexistische Darstellungen zu Geschlecht und Elternschaft.
Unter der Überschrift „Jeder war mal ein Baby“ sind Babys of Color stereotyp dargestellt (Turban, Hijab, Kopftuch, „chinesischer“ Hut). Zwei w eiße Babys tragen Kopfbedeckungen, die eindeutig zu groß sind und so an eine Verkleidung erinnern. Die Kopfbedeckungen der Babys of Color dagegen passen und dienen der scheinbaren Darstellung von „Vielfalt“. Ein weißes Baby sitzt neben einer Tafel, so als hätte es dort gemalt und gerechnet.
Es wird die sachlich falsche und rassistisch geprägte / beschränkte Aussage gemacht, dass Kinder die gleiche Hautfarbe wie ihre Eltern bekommen. Als Illustration werden zwei Frauen of Color und ihre Babys in stereotyper Weise dargestellt.
Es gibt zwar sich küssende Frauen bzw. Männer und lesbische bzw. schwule Väter, doch die Darstellung von schwanger werden, Schwangerschaft und Geburt ist heteronormativ, denn sie ist lediglich in Konstellation Vater & Mutter beschrieben und dargestellt.
Alleinerziehende gibt es in keiner Weise in dem Buch.
Lesbische Elternschaft wird auf Invitro-Fertilisation und schwule Vaterschaft auf Adoption beschränkt, was nicht der vielfältigen Realität entspricht. Adoption, Invirto-Fertilisation, lesbische und schwule Elternschaft wird als Abweichung von der Norm dargestellt (U.a. unter der Überschrift: „Es kann auch anders sein“).
Im Kontext von Adoption, Invirto-Fertilisation, lesbischer und schwuler Elternschaft das Bild eines jungen Kuckucks im Nest eines Schilfrohrsängers zu zeigen und dazu zu schreiben „Der Kuckuck legt sein Ei einem anderen Vogel in sein Nest. Dieser kleine Vogel muss dann das große Kuckucksjunge aufziehen“, finde ich mehr als unpassend. Das ist nicht analog zu einander. Es gibt Beispiele im Tierreich von Adoption und auch von schwuler Elternschaft, die gezeigt hätten werden können, wenn überhaupt eine Parallele zu Tieren gezogen wird.
Die Aussage, dass Kinder ihren Eltern ähnlich sehen, geht auf die Vorstellung zurück, dass Eltern immer auch biologische Eltern sind (S.23). Doch selbst biologische Eltern sehen ihren Kinder nicht immer ähnlich. Diese Aussage wird u.a. mit der stereotypen Darstellung eines Mannes of Color und seinem Kind illustriert (Reproduktion eines stereotypen Bild eines „Chinesen“)
Geschlecht wird – wie in der absoluten Mehrheit der Aufklärungsbücher – an körperlichen Merkmalen fest gemacht. Trans*Identität gibt es nicht, ebenso Intersexualität.
Was der Sinn davon sein soll, dass zwei Jungen sich als Frauen verkleiden und sich lachend riesige Orangen in den Ausschnitt stecken, habe ich nicht verstanden.
In der Darstellung, dass Mädchen in der Pubertät Achsel- und Intimbehaarung wächst, wird gezeigt, dass eine junge Frau sich die Achseln rasiert, was eine Reproduktion von Schönheitsnormen ist.
Aus meiner Sicht ist es völlig falsch, Sexualität und Körperkontakt zwischen Kindern und Eltern bzw. Lebewesen, die sich mögen, quasi gleichzusetzen, ebenso die Gleichsetzung von verliebt sein und Sexualität. („Wenn du jemanden lieb hast möchtest du es ihm auch zeigen. Es ist fein, miteinander zärtlich zu sein und zu schmusen. Manchmal magst du dich ganz eng an deinen Vater kuscheln oder möchtest von deiner Mutter in den Arm genommen werden. Manchmal möchtest du dein Kaninchen kraulen oder deinen Hund umarmen. Auch Erwachsene möchten schmusen, wenn sie verliebt sind. Sie küssen und streicheln einander.“ S. 16).
Sachlich falsch ist die Darstellung eines Mandrill-Männchens mit der Aussage: „Manche Affen-Weibchen zeigen ihren Po, wenn sie für das Männchen bereit sind.“ (S. 19).

 

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