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Nicht zu empfehlen:

E.Henninot – Yann: XIII Mystery – Little Jones
 

Ich finde das Buch nicht empfehlenswert, weil in diesem diverse Personen aus Schwarzen Bewegungen in den USA diskreditiert werden. Dass die schmutzigen Methoden des FBIs / von Edgar J Hoover mittels des ConIntelPro benannt werden, macht dies nicht wett. In dem Buch werden viele bekannte Menschen unter veränderten Namen eingeführt. Bei einigen weiß ich, wer sich dahinter verbirgt, bei manchen weiß ich nicht, ob sie auch auf reale Figuren verweisen.
Die 10jährige Jones und ihr Bruder Markus sind auf dem Waisenhaus abgehauen und leben auf der Straße. Markus sympathisiert mit den Black Panther, trägt z.B. ein Shirt mit „Black is beautiful“ und schreibt: „Kill the Pigs“ auf eine Wand. Am Ende des Buches stellt sich heraus, dass Jones eine uneheliche Tochter von Pastor Martin Calvin X ist. Doch Little Jones erfährt dies nicht, auch nicht ihren echten Namen Dream, den ihre Mutter wegen der berühmten Rede ihres Vaters gewählt hat. Beides sagt ihr Bruder dem General Benjamin Carrington(???), doch dieser gibt die Information nicht an Jones weiter. Jones möchte, nach dem sie Elroy kennengelernt hat, der Armee beitreten, doch Elroy nimmt sie nicht ernst. Nach dem sie einen Anschlag verhindert hat, kommt sie in ein Internat für Offizierskinder, da sie Carrington adoptiert. Martin Calvin X ist eindeutig Martin Luther King Jr, der in dem Comic dadurch diskreditiert wird, dass er neben seiner Ehefrau unzählige sexuelle Beziehungen zu Frauen aus der „Bewegung“ hat, seine Frau ist über diesen Umstand blind geworden. Seine Frau wird als völlig unbedarft und unpolitisch dargestellt (was Coretta Scott King, die Frau von Martin Luther King Jr, nicht war). Martin Calvin X hatte drei Kinder. Ein Sohn ist James Elroy Whittaker (ich weiß nicht für wen er steht), er ist ein Major der US-Army, der aus dem Vietnam-Krieg mit diversen Ordern zurück gekehrt ist und klare Prinzipien hat. Bobby Snake (eigentlich Bobby Seal) der Führer der Black Panther will mit Elroy zusammenarbeiten. Er wird sehr unsympathisch dargestellt. Die Black Panther werden als Mörder, Diebe und Maulhelden diskreditiert und es wird behauptet, sie seien von den Schwarzen isoliert, was alles nicht der Realität entsprach. Elroy hat ein Verhältnis mit Sharon (nach Sharon Tate), die mit dem Regisseur Norman Bolanski (Roman Polanski) verheiratet ist und von Elroy ein Kind erwartet. Sharon ist die Tochter von General Marion Doniphan Bate (???), er schätzt Elroy sehr, hätte ihn gerne als Schwiegersohn und versucht, ihn zu schützen. Elroy hat ihm in Vietnam das Leben gerettet. Bolanski will einen Film über die Black Panther machen, was dem FBI nicht passt. Dieses konfrontiert Bolanski mit Fotos seiner Frau mit Elroy beim Sex.

Bolanski erwürgt im Affekt Sharon. Das FBI (der Führer heißt Edgar Peter Hooper, nach Edgar J Hover) lässt ihren Tod wie eine Tat der Black Panther aussehen. Markus und zwei Kumpel haben gesehen, wie W eiße nach dem Mord aus dem Haus kamen. Er erzählt das Little Jones. Doch da das FBI dahinter steckt, sieht er keine Chancen, das an die Öffentlichkeit zu bringen. Little Jones erzählt es Elroy, der daraufhin zu Bolanskis Haus geht und anhört, wie ein Mann, der sich Manguste (???) nennt, Hooper am Telefon sagt, dass er Bolanski ermordet hat und Spuren hinterlassen wird, die auf die Black Panther verweisen. Der verfälscht dargestellte Mord an Sharon wird vom FBI als Vorwand genommen, brutal gegen die Black Panther vorzugehen und mehrere zu ermorden (Hampton, Clark, Hutton, Jackson (reale Panther, die vom FBI ermordet wurden)), Bobby und Huey werden verhaftet, Carmichael und Cleaver gehen ins Exil (auch das Namen realer Panther). Die Panther glauben, dass Elroy hinter dem falsch dargestellten Mord an Sharon steckt und damit als Verantwortlicher hinter die Ermordungen und Verhaftungen steht. Sie wollen Elroy, Angela und Phoenix ermorden. Markus soll Elroy mittels einer Bombe töten. Jones belauscht diesen Plan und versucht, den Anschlag zu verhindern, dadurch wird ihr Bruder angeschossen und kommt ins Gefängnis. Angela ist ein weiteres Kind von Martin Calvin X. Sie erinnert optisch Angela Davis. Sie bringt die Black Panther dazu der Gewalt abzuschwören und bewegt Elroy dazu, Führer der Black Panther zu werden. Doch durch den Mord an Sharon kommt es nicht dazu. Angela hält Elroy für einen Verräter, weil das FBI sie fehlinformiert hat und erschießt Elroy und anschließend sich selbst. Phoenix ist das dritte Kind von Martin Calvin X, für wen er steht, weiß ich nicht. Er ist in der Armee am Rassismus gescheitert, die Black Panther haben an ihm kein Interesse. Das FBI behauptet ihm gegenüber, dass die Black Panther Elroy und Angela ermordet haben und dass auch er ermordet werden soll. Sie bieten ihm an, dass sie den Tod von Elroy vertuschen und Phoenix den Platz von Elroy einnehmen soll. Phoenix nimmt an.

Nicht zu empfehlen:

Sigrid Heuck: Der Elefantenjunge

„Afrika“ wird auf ländliches, ärmliches Leben und dass es wichtig ist, den Fortbestand frei lebender Tier zu sichern, reduziert.

Nicht zu empfehlen:

Sigrid Heuck: E-mails aus Afrika

 

Stichworte, warum ich diesen Roman als negativ bewerte:

• Defizitäres, pauschalisierendes Afrika-Bild inklusive Romantisierung,

• Reproduktion von rassistischen Abwertungen von Wissen und Spiritualität,

• Reproduktion rassistischer Handlungs- und Denkmuster,

• rassifizierende und andernde Beschreibungen Schwarzer,

• hierarchisierende Abwertungen von Sprachen und Sprachkenntnissen,

• Victimisierung eines Schwarzen Deutschen,

• Schwarzer Deutscher ist in scheinbar selbstverständlicher Weise Experte für das Geburtsland seines Vaters, ohne dass klar ist, ob und wie oft er dort gewesen ist.

• Schwarzer Deutscher als Objekt w eißer Wohltätigkeit und Neugierde,

Weiße Wohltätigkeit,

• abelistische Sicht auf Blindheit.

 

Das weiße Mädchen Lilli und ihr weißer Vater, ein Arzt und Entomologe mit Spezialgebiet Mücken stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Aus ihren Perspektiven wird erzählt, indem die Geschichte hauptsächlich in Form von E-mails, die sie sich gegenseitig schreiben, erzählt wird.
Der Vater geht im Auftrag der WHO nach West-Afrika (Gambia, Senegal, Mali), um mit der Schwarzen Ärztin Ana Kumani möglichst viele Menschen wegen Flussblindheit zu behandeln und zu versuchen, eine Möglichkeit zu finden, damit diese Krankheit nicht mehr von Mücken übertragen wird. Letzteres Vorhaben gelingt nicht, bei ersterem ist erschwerend, dass die Menschen ihre Medikamente außerhalb des Krankenhauses selbst zahlen müssen, dafür sehr oft das Geld fehlt und außerdem die medizinische Infrastruktur unzureichend ist. Ana Kumani spielt eine untergeordnete Rolle. Sie ist die ersten 58 Seiten von 140 Seiten gar nicht anwesend, weil sie entführt wurde, damit sie in abgelegenen Orten im Senegal Menschen behandelt. Lillis Vater sucht sie zusammen mit dem Fahrer Manu Diabugu. Sie treffen dann auf sie, weil sie Gerüchte über sie hören und hoffen, das sie in das Dorf kommt, in dem sie sind. So trifft Lillis Vater dann auf Ana Kumani, hilft ihr bei der Behandlung und als die Medikamente verbraucht sind, lassen die Entführer sie gehen. Sie bildet dann ein Team mit Lillis Vater und sie zeigt ihm ein Mal Sehenswürdigkeiten. Der Vater und sie heiraten am Ende der Geschichte, das ist Teil dessen, was als glückliches Ende gilt. Ihre Perspektive bleibt unbekannt, sie hat keine Stimme. Zentral ist Armut, Krankheit, Hilfsbedürftigkeit und Kriminalität in Afrika und dass ein w eißer Mann hilft.
Lilli kommt in die 5. Klasse eines Gymnasiums und ist vorher nervös und aufgeregt.

Lilli hilft dem Schwarzen Mitschüler Aki Mandili (dessen Vater in Mali geboren wurde, was Lilli „spannend“ findet), indem sie sich um ihn kümmert, damit er nicht alleine ist bzw. weil sie den Eindruck hat, dass er traurig ist. Sie ist bei ihm, damit er nicht verprügelt wird, leiht ihm Bücher (aber er nicht von ihr) und wird für ihr Kümmern von ihrem Vater gelobt bzw. ermahnt die „Freundschaft“ aufrecht zu halten, weil Aki nur sie habe. Akis Mutter wird nicht beschrieben, es bleibt zu vermuten, dass sie w eiß ist, da der Teint von Aki nur mit seinem Vater begründet wird. Als eine w eiße Mutter mitteilt, dass ihr w eißer Sohn Jens nicht neben Aki sitzen wolle, weil ihm von Akis Geruch schlecht werde, darf Jens sich umsetzen. Doch niemand will mit Jens den Platz tauschen und neben Aki sitzen. Da meldet sich Lilli, obwohl es nicht üblich ist, dass Jungen und Mädchen nebeneinander sitzen, weil sie Aki nicht alleine lassen kann. Die rassistische Lüge von Jens und seiner Mutter und auch dass außer Lilli niemand den Platz tauschen möchte, wird nicht offen angesprochen, weder von der Lehrerin noch von Lilli. Lilli hört wie eine Klassenkameradin von ihr und Aki als „diese Lilli und ihr N...r“ sprechen. Doch weder das N-Wort noch die Formulierung W eiße (mit Namen benannt) und ihr N....r wird problematisiert oder im etwas entgegen gesetzt. Auch als Lilli ein weiteres Mal hört, wie dieses Mädchen Aki  mit dem N-Wort bezeichnet, tut sie nichts. Aki wird damit zu Lillis persönlichem Objekt w eißer Wohltätigkeit, wobei ihr Einsatz für sie Grenzen hat (z.B. kein Eintreten gegen rassistische Bezeichnungen), auch wenn sie Spott etc., dem sie wegen ihrer „Freundschaft“ zu Aki ausgesetzt ist, bereit ist hinzunehmen.
Aki ist passiv, er steht alleine herum, wird verprügelt, rassistisch diffamiert (er stinke so, das ein Junge nicht neben ihm sitzen wolle), hinter´s Licht geführt (bewusste Fehlinformation, wo angeblich ein Treffpunkt ist) und wehrt sich nicht. Nach dem er verprügelt wurde, hat er Nasenbluten, ein blaues Auge, Schrammen im Gesicht und einen zerrissenen Pullover. Der Junge, der ihn verprügelt hat, bekommt einen Eintrag ins Klassenbuch. Aki bekommt Pflaster und wird nach Hause geschickt. Seine Eltern werden nicht informiert. Die Mutter erfährt von Aki, was geschehen ist, weil sie die Pflaster sieht. Sie sucht das Gespräch mit der Lehrerin. Aus meiner Sicht ein völlig unangemessener Umgang von Seiten der Schule mit der Situation, doch in der Darstellung des Buches ist das „normal“. Lilli schützt Aki durch ihre Anwesenheit vor weiteren Angriffen. Aki bleibt auf die Opferrolle reduziert. Seine Perspektive wird nicht wiedergegeben, er hat keine eigene Stimme. Seine Wohnung ist schön, „aber anders als alle Wohnungen“, die Lilli kennt. Die Möbel in seiner Wohnung sind aus Bambus oder Ähnlichem, an den Wänden hängen Ölgemälde, angeblich aus der Heimat von Akis Vater, Flusslandschaften mit Lehmhütten und Sonnenuntergänge (zur Erinnerung: Akis Vater ist in Bamako, der Hauptstadt Malis, geboren...).
Lilli schlägt Aki vor, dass sie zusammen ein Referat über Flussblindheit halten, wobei sie die Arbeit ihres Vaters schildert und Aki die Umgebung, in der die Kranken leben (es ist gar nicht klar, ob Aki je in Mali war und wenn, wo er war. Er hat davon gehört, dass es am Niger viele blinde Kinder gibt, doch davon, dass er es das selbst gesehen hat, steht da nichts). Aki selbst ist von Lillis Idee nicht begeistert. Warum wird nicht deutlich, ebenso wenig warum er das dennoch macht. Die weiße Lehrerin ist von Lillies Idee angetan. Damit wird ein Schwarzes Kind zu einem Experten von etwas gemacht, weil es Schwarz ist bzw. auf Grund des Landes, in dem seine Eltern / ein Elternteil geboren wurde, nicht auf Grund seines Wissens. Dieser Vorgang wird als selbstverständlich und sinnvoll dargestellt. Es ist ein rassistischer Vorgang, der sich leider häufig u.a. in Klassenzimmern in Deutschland abspielt. Das macht diese Darstellung aus meiner Sicht noch problematischer, weil sie diese Vorgänge legitimiert.
Nach dem Vortrag von Aki und Lilli wird Aki in der Klasse mit mehr Respekt behandelt. Jens, der aus rassistischen Gründen nicht neben Aki sitzen wollte, sitzt nun neben Aki und Aki akzeptiert das. Es wird gar nicht in Frage gestellt, ob Jens einfach so wieder bei Aki sitzen kann, als wäre nie was gewesen. Lilli glaubt, dass der Zauber aus Banjul das bewirkt hat. Ihr Vater meint, dass Aki mit dem Referat gezeigt hat, dass er unterschätzt wurde. Hier wird das Muster wiederholt, dass rassistisch Diskriminierte individuell beweisen müssen, dass das rassistische Verhalten nicht gerechtfertigt ist, statt dass die Täter*innen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen müssen, der gesellschaftliche Hintergrund deutlich wird und dies kritisiert. Hinzu kommt, dass der rassistisch Diskriminierte den Verhaltensumschwung akzeptiert, statt z.B. mit Verweis auf das bisherige Verhalten zu sagen, dass er nicht wieder neben Jens sitzen möchte.
Als ihr Vater von seiner Begegnung mit der Schwarzen Frau Malika erzählt, deren Tochter Almesi an der Flussblindheit erkrankt ist und die bereits drei Kinder wegen dieser Krankheit verloren hat, träumt Lilli nachts von den beiden und ihr Kissen ist tränennass. Lilli bekommt von ihrem Vater eine Puppe aus Stoffresten geschickt, die ihr gut gefällt wegen des traurigen Lächelns der Puppe. Sie nennt sie Konstanze, was zwar aus Lillis Sicht nicht sehr afrikanisch, aber passend ist. Als Lilli eines Nachts die Puppe im Dunkel betastet, merkt sie, dass die Farbe der Haut der Puppe dabei keine Rolle spielt. Anders als bei Aki, der nach Lillis Meinung (bzw. der Autorin) wegen der Farbe seiner Haut große Schwierigkeiten in der Klasse hat. Das ist faktisch falsch. Die Ursache der Probleme ist Rassismus bzw. dass bestimmte Kinder aus Akis Klasse sich rassistisch verhalten und dies zumindest toleriert wird. Durch die Formulierung wird die Verantwortung auf Aki projiziert, statt die Verantwortlichkeiten und Ursachen klar zu benennen. Hinzu kommt, dass diese Szene die weiße Ideologie der „Farbenblindheit“ im Kontext des angeblich Überwinden-Wollens von Rassismus reproduziert, die Strukturen und Verantwortlickeiten im Kontext von Rassismus verschleiert.
Zusammen mit ihren weißen Mitschüler*innen hilft Lilli, Stoffreste zu sammeln, damit die Mutter (Malika) eines Mädchens (Almesi) mit Flussblindheit daraus Puppen machen kann, um so Geld für die Behandlung zu verdienen. Die Idee mit dem Sammeln der Stoffreste kommt zustande, weil Lilli es für unrealistisch hält, dass die Klassenkamerad*innen bereit sind, Geld zu spenden, Stoffreste aber viele zu Hause haben. Malika für die die Stoffreste bestimmt sind, strahlt und küsst Lillies Vater vor Dankbarkeit die Hände als sie von der Idee hört. Hier wird aus meiner Sicht weiße Wohltätigkeit unkritisch zelebriert, ohne die Gründe zu benennen, warum Malika die Medikamente für ihre Tochter bezahlen muss und warum das schwer für sie ist.
Lilli liest „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“, wie der weiße Huck dem geflohenen versklavten Schwarzen Jim hilft, gefällt der w eißen Lilli. Dieses Buch ist auf Grund der Wortwahl aber auch der Darstellung von Jim bzw. dem Verhältnis von Huck und Jim unter rassismus-kritischen Gesichtspunkten hochprobematisch. Lilli bekommt das Buch „Götter, Gräber und Gelehrte“ geschenkt. Lilli geht mit ihrer Großmutter und Aki in die Oper „Entführung aus dem Serail“, sie gibt ihrem Vater den Inhalt der Oper wieder, findet den Sound echt geil. Sie findet, dass Aki wie das Schattenbild von Mozart auf dem Programmheft aussieht.
Es gibt Häuser in Gambia im Kolonialstil und ein Krankenhaus, das Royal Victoria Hospital heißt. Doch warum das so ist, wird in keiner Weise thematisiert.
Der Vater sieht die Ruine eines Gebäudes, in das versklavte Menschen eingesperrt wurden, bevor sie in die Amerikas verschleppt wurden. Das wird mit scheinbar neutralen Worten beschrieben: „Sammelplatz für Sklaven“, „wurden nach Amerika transportiert“. Das reproduziert die verharmlosende Sicht W eißer auf die Maafa, bei der Schwarze Menschen zu Objekten, zu Waren werden. Lillis Vater spekuliert, dass die Romanfigur Jim aus Mark Twains Roman aus der Region sein könnte, wo er sich gerade befindet, als sei Jim ein realer Mensch und als wäre das ein netter Zufall, dass Lilli gerade dieses Buch liest und er diese Ruine sieht. Auch dies ist aus meiner Sicht völlig unpassend und dient in verharmlosender Weise dazu, Verbindungen zwischen dem Handeln des Vaters und der Tochter zu schaffen.
Hinzu kommt eine stereotype und verallgemeinernde Beschreibung Afrikas: schrecklich heiß; allgegenwärtige Armut (Gründe dafür werden nicht benannt), die dem weißen Arzt auf die Stimmung drückt; geheimnisvoll; abenteuerlich; korrupte Polizei; Räuber; mit bedrohlichen Krankheiten; mit bedrohlichen Tieren; in ganz Afrika hört man in der Nacht Vögel rufen, Frösche quaken und Affen zetern und keckern, das ist die schönste Musik für Lillis Vater.
Dass in Afrika viele Kinder gerne in die Schule gehen würden, es aber nicht können, soll Lilli Motivation sein, sich in der Schule anzustrengen. Das erinnert mich an adultistisch-rassistische Sprüche wie „Iss auf, die Kinder in Afrika wäre froh, wenn...“ Kinder in Afrika seien sehr glücklich über ein aus Blechdosen gebautes Auto oder eine aus Stoffresten genähte Puppe. Das ist meiner Einschätzung nach ein romantisierender w eiße Blick, mit dem die Situation in Abgrenzung zum eigernen Konsumberfluss verklärt wird.
Schwarze werden in stereotyper bzw. rassifizierender, wertender und entmenschlichender Weise beschrieben:

• tiefschwarz mit strahlend weißen Zähnen;

• Haut ist wesentlich heller, das kommt vom japanischem Vater;

• dunkle Hautfarbe, die Lilli auffällt, schwarze gelockte Haare, die in einem Zöpfchen im Nacken zusammen gebunden sind. Obwohl sein Name bekannt ist bleibt er „Junge mit dunkler Haut“, braune Haut kommt vom Vater, der aus Afrika kommt (der Anteil der Gene der weißen Mutter wird verschwiegen...);

• ein dichtes Polster aus weißem, gekräuselten Haaren, das an das Fell eines Tieres erinnert, Haut erinnert an die Rinde eines Baumes;  • lustige Zöpfe wie kleine Stacheln, herzig; 

• dunkelhäutig, tiefschwarze zu kleinen Zöpfen geflochtene Haare, grazil, sehr hübsch, anders hübsch als bei uns (Was soll das heißen? Gibt es in Deutschland keine Schwarzen Frauen?, Und was soll „anders hübsch“ sein, „exotisch“?)

• erschreckend beim ersten Anblick (Lilli erschrickt als sie Akis Vater zum ersten Mal sieht), Haut so dunkel wie Kastanien mit wunderschönen weißen Zähnen
Manu Diabugu arbeitet als Fahrer für Lillis Vater. Lillis Vater schreibt von ihm immer als Manu, doch Manu Diabugu spricht ihn als Doktor an. Manu ist nicht nur ein Fahrer, sondern auch ein Führer, Erklärer und Ratgeber für Lillis Vater. Doktor Sokuma ist der Chefarzt der Klinik, in der Ana Kumani arbeitet. Neben ihm lernt Lillis Vater noch die Assistenzärzte Babukar Sahili und Nyameke Komo kennen. Malika und ihre Tochter Almesi, die eine besondere Rolle in der Geschichte haben, die sie von anderen Patient*innen und deren Angehörigen unterscheidet, haben keine Nachnamen. Sie werden zu besonderen Objekten der weißen Wohltätigkeit von Lilli und ihrem Vater.
Sprachkenntnisse werden stereotyp hierachisiert:

• Erstaunlich gut, nur das „th“ sprach er nicht richtig aus, ein anderer spricht holpriges Englisch.

• Akis Vater ist in Bamako geboren und spricht mit Aki Englisch, dieser Kontext ist unlogisch, da

Englisch in Mali keine Alltagssprache ist.

•  Englisch wird als sehr wichtig dargestellt, Lillis Vater betont wie wichtig es ist, dass Lilli Englisch lernt.

• Die Art und Weise, wie Akis Vater Deutsch spricht, wird als lustig, aber trotzdem gut verständlich bezeichnet.

• Die Erstsprache eines Mannes in Banjul wird nicht benannt, stattdessen wird geschrieben, dass er irgendwas ruft und brabbelt und merkwürdigen Singsang von sich gibt.

• Auch die Sprache einer Frau in Gambia bleibt unbenannt und stattdessen als sanfter zwitschernder Singsang benannt.
Angeblich heißt der Affenbrotbaum in ganz Afrika Baobab.
Afrikanische Namen werden als gewöhnungsbedürftig und für eine*n Europäer*in schwer auszusprechen bzw. zu verstehen bzw. so schwer zu merken, bezeichnet.
Spiritualität und Wissen werden stereotyp bewertet, romantisiert und zu gleich abgewertet und mit „Zauberei“ gleichgesetzt: • In Afrika gibt es „noch richtige Zauberer“. • Der Vater geht in Banjul, Gambia zu einem weisen Mann (bezeichnet als Zauberer), der ein Ritual (bezeichnet als Zauber) für Lilli macht, damit diese eine nette Klassenlehrerin bekommt und auch sonst alles gut geht. Der weise Mann lebt in einem Elendsviertel von Banjul, das relativ ausführlich beschrieben wird, während andere Stadtteile nicht beschrieben werden. Der weise Mann ist sehr alt, seine Haut erinnert den w eißen Mann in seiner rassistischen Sichtweise an die Rinde eines Baumes und seine Haare an das Fell eines Tieres. Die Handlung des Weisen sind  für Lilis Vater geheimnisvoll und lösen bei ihm komische Gefühle aus. Das Ritual und das Wissen des Weisen ist für den w eißen Wissenschaftler Firlefanz. • Menschen glauben, dass eine blaue Glasperle u.a. vor der Flusskrankheit schützt. Doch der w eiße Arzt glaubt das nicht. • Lilli hält die Wirksamkeit des Rituals und der blauen Glasperlen für möglich, doch das kann mit ihrem Status als Kind (= naiv) erklärt werden.
Es wird als normal und legitim dargestellt, dass Lilli ihren Schwarzen Mitschüler Aki fragen, woher er kommt und als er sagt, dass er aus der Gartenstraße kommt, ihn zu fragen, warum er so braun ist und dass dann die Antwort ist, dass ein Elternteil aus Afrika kommt. Schwarz sein kann folglich dieser Darstellung nach nur jemand sein, di*er entweder selbst nicht in Deutschland geboren wurde oder mindestens einen Elternteil hat, der nicht in Deutschland geboren wurde. Das entspricht nicht der Realität.
Leben mit einer Sehbehinderung oder blind zu sein, wird als schrecklich dargestellt.

 

Nicht zu empfehlen:

JAKO-O: Kinder-Geschichten… aus Deutschland und Afrika!
 

In dem Buch sind Geschichten, die von Kindern aus ganz Deutschland und Kindern aus einem Waisenhaus in Ouagadougou geschrieben wurden. Die Geschichten sind in zwei verschiedenen Teilen zusammen gefasst. Der Teil der Geschichten der 35 deutschen Kinder umfasst 34 Geschichten und ist 114 Seiten lang. Die 45 Geschichten, Witze, etc. der 36 burkinischen Kinder sind insgesamt 83 Seiten lang. Die Geschichten der deutschen Kinder sind alle ausgedacht, davon sind neun in einem alltäglichen Kontext, die anderen 25 sind märchenhafte Geschichten. Von den Geschichten der burkinischen Kinder haben 28 einen Alltags-Bezug, nur vier von diesen Alltags-Geschichten sind erfunden, 24 berichten über auto-biographische Erfahrungen, Traditionen oder Wünsche. Alle Kinder werden mit Vor- und Nachnamen genannt. Warum bei den burkinischen Kindern der Nachname vor dem Vornamen geschrieben ist, ist mir nicht klar. Von den deutschen Kindern gibt keine Portraits-Fotos, von den burkinischen Kindern sind Portraits abgedruckt. Zu den deutschen Kindern gibt es bei den meisten die Information wie alt sie sind, zu 11 Kindern gibt es genauere Informationen (z.B. ihre Hobbies), zu den Kindern aus Burkina Faso gibt es dies nicht. Die Illustrationen zu den Geschichten sind von Kindern gemacht. In den Illustrationen zu den Erzählungen der deutschen Kinder gibt es bis auf ein Mädchen ausschließlich w eiße Menschen. Die Illustrationen stammen bis auf eine Geschichte von den Verfasser*innen selbst und passen zu den Geschichten. In den Illustrationen zu den Geschichten der burkinischen Kinder gibt es Schwarze und Weiße. Es ist unklar, wer die Illustrationen zu den Geschichten aus Burkina Faso gemacht hat, sie passen oft nicht zum Inhalt. Zu den Geschichten, die burkinischen Alltag beschreiben, gibt es etliche Fotos. Zu den Geschichten der deutschen Kinder gibt es keine. Dieser Unterschied passt zu den verschiedenen Ausrichtungen der Geschichten. Einerseits Unterhaltung und Ausdruck von Kreativität und andererseits angeblicher Blick über den weißen deutschen Tellerrand. Auf der vorderen Umschlagseite sind ein w eißes, blondes, blauäugiges Kind und ein Schwarzes Kind auf Fotos zu sehen. Außerdem ein fotografierter hochbeladener Kleinbus auf staubiger Straße, ein gemalter Löwe, Elefant, Häuser ohne Fenster und grüne Hügel abgebildet. Auf der hinteren Umschlagseite sind ein Schwarzes Kind und ein gemaltes Bild zu sehen. Auf den vorderen inneren Umschlagseiten sind gemalte ball-spielende Kinder und Blumen abgebildet, auf den hinteren inneren Umschlagseiten eine Karte von Burkina Faso.
In der Einleitung wird erläutert wie es zu den Geschichten der deutschen Kinder gekommen ist: Deutsche Kinder wurden gebeten ihre besten selbsterfundenen oder nacherzählten Geschichten aufzuschreiben und an Jacko-o zu schicken. Aus diesen Einsendungen wurden die ausgewählt, die veröffentlicht wurden. Das Motto hierfür war: „Kinder schreiben für Kinder“. Die Geschichten sollen deutschen Kindern Mut machen, selbst Geschichten zu schreiben. Der Auftrag der burkinischen Kinder ist es, „ihr Leben für die deutschen Kinder zu beleuchten“. Sie, denen von den W eißen geholfen werden soll, sollen sich von diesen kennenlernen lassen, doch die burkinischen Kinder lernen keine deutschen Kinder durch deren Geschichten kennen. Deutsche Kinder sollen an Hand der Geschichten der burkinischen Kinder „über ihren Tellerrand schauen“. Es wird formuliert, dass in dem Buch ein Bogen zwischen dem „Alltagsleben“ europäischer Kinder und dem „Überleben“ afrikanischer Kinder geschlagen würde. Im zweiten Teil der Einleitung wird erklärt, warum pro verkauftes Buch 0,50 Euro an den Verein Sahel e.V. geht, der der Träger des Waisenhauses AMPO ist, wo die burkinischen Kinder leben, deren Geschichten, in dem Buch veröffentlicht sind. Illustriert ist die Einleitung durch gemalte Palmen, Häuser ohne Fenster und Türen, ein Zelt und zwei vermutlich europäische Bäume. Dazu ist noch ein Foto abgedruckt, auf dem eine w eiße Hand eine Schwarze hält. Im Inhaltsverzeichnis sind bei den Geschichten der deutschen Kinder ein gemaltes Seepferdchen und w eißer Mann, bei den Geschichten aus Burkina Faso Häuser ohne Türen und Fenster und ein Elefant abgebildet. Zu Beginn der Geschichten der deutschen Kinder sind zwei Bilder mit drei w eißen Kindern abgedruckt. Zwei Kinder haben Bücher von Jacko-o in den Händen: Im Hintergrund ist ein Ausschnitt aus einer Deutschland-Karte zu sehen. Zu Beginn der Geschichten der burkinischen Kinder sind vier Fotos, auf denen auf zwei Bilder drei Schwarze Kinder, ein Schwarzer Junge mit einer Hacke, der an einer Kuh vorbeiläuft und auf einem ein Boot mit vielen Kindern auf einem Fluss oder See zu sehen sind. Im Hintergrund ist eine Karte von Burkina Faso abgebildet. Vor den Geschichten der burkinischen Kinder gibt es eine zusätzliche Einleitung von der w eißen deutschen Gründerin des Waisenhauses. Sie nennt sich die Mutter von allen 300 Kindern, die in dem Waisenhaus wohnen und nennt sie ihre afrikanischen Kinder, die Ausnahmen sind, weil sie zur Schule gehen können. Im ersten Satz schreibt sie, dass sie schwitzt und dass es 48 Grad Celsius sind, was sie damit begründet, dass sie in Afrika lebt. Fünf Sätze später schreibt sie, dass sie in Burkina Faso lebt. Eine Folge der Realität, dass in Burkina Faso 87 % der Menschen Analphabet*innen sind, benennt sie als Kuddel-Muddel, weil Kinder Eltern vorlesen. Diese Bezeichnung ist eine eurozentristische Abwertung. Sie ruft dazu auf, zu spenden, damit mehr Kinder in Burkina Faso zur Schule gehen können. Sie schreibt, dass arm sein nicht traurig sein heißt (das ist fett gedruckt) und dass die Kinder nicht fragen, was es zu essen gibt, sondern ob es etwas zu essen gibt (auch das fett gedruckt.) Doch „wir beklagen uns nicht“, dabei schließt sich die w eiße Autorin mit ein, als wäre sie in der gleiche Position wie alle Kinder in Burkina Faso, was aber faktisch nicht der Realität entspricht, da sie freiwillig in Burkina Faso lebt. Die Einleitung ist mit einem Portrait der Autorin und einem Gruppen-Bild mit vielen Schwarzen Kindern, in deren Mitte die Autorin ist, illustriert.
Jako-o ist ein Versand, bei dem eher Bildungsbürger*innen aus dem Mittelschicht bestellen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die Kinder, deren Geschichten in dem Buch veröffentlicht sind, aus diesem Milieu stammen. Die burkinischen Kinder leben alle in einem Waisenhaus, das von einer w eißen Deutschen gegründet wurde. Das Buch richtet sich an ( weiße) deutsche Kinder und da es über Jacko-o vertrieben wird, an Kinder aus der Mittelschicht. Sowohl die Geschichten der deutschen Kinder als auch die der burkinischen sind für deutsche Kinder geschrieben. In dem Buch ist nicht vermerkt, dass das Buch auch für burkinische Kinder übersetzt und dort verkauft wurde, deshalb ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall war. Außerdem machen auch die inhaltliche Ausrichtung und die Erläuterungen in den Einleitungen deutlich, dass die Geschichten alle an deutsche Kinder gerichtet sind. Die Illustrationen zeigen einen beschränkten Blick auf deutsche Kinder, da nur w eiße Kinder abgebildet sind. Diese eingeschränkte Sicht kommt noch stärker bei der Auswahl der Fotos zum Tragen, auf denen alle Kinder blond sind. Auch der Blick, den die Illustrationen auf Afrika respektive Burkina Faso widergeben ist stereotyp: Entsprechend w eißer Erwartungen werden z.B. Elefanten und Löwen abgebildet, obwohl diese in keinem Kontext zu den Geschichten stehen. Auch das Foto vom hochbeladen Kleinbus auf der Titelseite verspricht den w eißen Hunger auf Exotisches zu stillen.
Das Buch ist durch eine Haltung von Weißer Wohltätigkeit und dem pauschalisierenden Andern der Lebensrealität von Kindern in Afrika geprägt. Der Titel spricht pauschal von „Afrika“ und stellt dem ganzen Kontinent das Land „Deutschland“ gegenüber. Auch in den weiteren erläuternden Texten wird mehr pauschal von Afrika als spezifisch über Burkina Faso geschrieben. Kinder in Deutschland haben einen Alltag, Kinder in Afrika überleben. Die Welt der burkinischen Kinder wird in den Einleitungen mit Begriffen wie „fremd“, „schockierend“, „Hunger“, Diebstahl“, „Armut“, „Krankheit“, Willkür“, „Gewalt“, „Skandal“ belegt. Dies reproduziert den weißen Blick auf den afrikanischen Kontinent, der diesen auf die drei „K“ Krieg, Krankheit, Katastrophen reduziert. Und in dieser Welt kann dann scheinbar über Weiße Wohltätigkeit etwas geändert werden: Eine w eiße Deutsche hat „temperamentvoll“, „lebensfroh“, „voller Ideen“, „unkompliziert“, „spontan“, „selbstbewusst“, „mit viel Engagement und Durchhaltevermögen“ viel „inmitten von Armut, Krankheit, Willkür und Gewalt“ getan und viele Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gebaut. So vereinigt diese einzelne weiße Frau eine Vielzahl positiver Eigenschaften, während zu Burkina Faso in den Einleitungen nur negative Bilder gezeichnet werden und gleichzeitig das romantisierende Klischee „arm, aber glücklich“ reproduziert wird. Das Foto der w eißen Hand, die eine Schwarze Hand hält ist symptomatisch für diese Haltung, in der es kein gleichberechtigtes Verhältnis gibt, sondern Helfer*innen und Geholfenen. Dadurch, dass es nur eine*n einzelne*n Weißen bedarf, um einer Vielzahl von Afrikaner*innen zu helfen (und die mit Sicherheit vorhandene Arbeit Afrikaner*innen in diesen Projekten unsichtbar gemacht wird), wird das angebliche Potential von W eißen überhöht, die Fähigkeiten zur positiven Veränderungen von Afrikaner*innen negiert und die politischen und ökonomischen Hintergründe negiert. Die w eiße deutsche Gründerin von Sahel e.V. wird zu einer mütterlichen Retterin einer Vielzahl afrikanischer Kinder und Jugendlicher stilisiert. Ein Image, in dem sie sich offensichtlich selbst sieht und das durch das Foto von ihr in Mitten vieler Kinder unterstrichen wird. Mit all den positiven Attributen, die ihr zu geschrieben werden, wird sie zu einem Vorbild für w eiße deutsche Kinder, die dieses Buch lesen generiert. Auch dies ist ein Beitrag zur Tradierung der Haltung W eißer Wohltätigkeit. Auch der beschriebene Auftrag an die burkinischen Kinder bezüglich ihrer Geschichten (s.o.) und dass das Buch sich ausschließlich an deutsche Kinder richtet, reproduziert diese hierarchische Schieflage. Hinzu kommt, dass der Zweck der Geschichten der Kinder aus Burkina Faso ist, Spenden für die Einrichtung, in der sie leben, zu akquirieren, während die Geschichten der deutschen Kinder unterhalten sollen und ermutigen, selbst Geschichten zu schreiben (als könnten die Geschichten aus Burkina Faso nicht auch diese Wirkung haben). Es ist auch eine hierarchische Schieflage, dass von etlichen deutschen Kindern Alter und Hobbies genannt wird, während die burkinischen Kinder ohne Alters-Angabe und Hobbies bleiben und die Details aus ihrem Leben einen anderen scheinbar aufklärerischen Gehalt haben, der sich klar von den Informationen zu den deutschen Kindern unterscheidet, da sie die Unterschiede zu und das Trennende von den deutschen Leser*innen unterstreicht.
Das Buch schreibt somit die Haltung von Weißer Wohltätigkeit, die die Ursachen nicht angeht, fort und vermittelt so Mittelschichts-Kindern in Deutschland das Gefühl „Gutes für arme Kinder in Afrika“ tun zu können. Damit werden diese bereits als Kinder an diese Haltung herangeführt und mit diesem Denken und Handeln nicht gebrochen. Gleichzeitig reproduziert es ein einseitiges Bild von Burkina Faso, denn die Realität der Kinder, in dem Waisenhaus ist nur ein beschränkter Ausschnitt des Landes und pauschalisiert dieses zusätzlich als repräsentativ für den gesamten afrikanischen Kontinent. Leider reiht sich damit dieses Buch in eine bedauerliche Vielzahl von Büchern ein, zu denen der Satz passt: Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint. Ein Ziel sollte sein, dass deutsche Kinder über ihren Tellerrand schauen, doch leider vernebelt der Schleier Weißer Wohltätigkeit ihnen die Sicht.

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