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Nicht zu empfehlen:

Hermann Schulz: Mandela & Nelson: Das Länderspiel

                                Mandela & Nelson: Das Rückspiel

Reproduktion von Klischees über Afrika und Afrikaner*innen in Europa

Zu "Das Länderspiel": Hierarchisierung von Schwarzen und Weißen, Reproduktion von Stereotypen in der Weise wie Fußball gespielt wird, von Schwarzen (mit Feuer und flink) von weißen Deutschen (strukturiert und technisch versiert). Die tansanische Mannschaft gewinnt trotz einer Regelverstoß (barfuß spielen), weil die weißen Deutschen das "großzügig" tolerieren.

 

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Nicht zu empfehlen:

Hermann Schulz: Temeos Länderspiel,

                               Temeo und der Zauberer,

                               Temeo und König Tonder

Reproduktion von Stereotypen (Kleidung bzw. barfüßig, nackter Oberkörper, „Afrika = unbenanntes Land = Savanne = wilde Tiere)

Zu "Temeos Länderspiel": Hierarchisierung von Schwarzen und Weißen, Reproduktion von Stereotypen in der Weise wie Fußball gespielt wird, von Schwarzen (mit Feuer und flink) von weißen Deutschen (strukturiert und technisch versiert). Die tansanische Mannschaft gewinnt trotz einer Regelverstoß (barfüßig spielen), weil die weißen Deutschen das "großzügig" tolerieren.

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Nicht zu empfehlen:

Hermann Schulz: Die schlaue Mama Sambona
Die Geschichte ist erzählt als würde es sich um die Nacherzählung einer Parabel oder eines Märchens aus  einem der / den Ländern rund um den Ukerewe-/Victoria-Sees bzw. aus Uganda, das als einziges Land benannt ist, handeln. Das ist meines Wissens nicht der Fall. Es wird das Grimm´sche Märchen „Goldmarie und Pechmarie“ eingebaut, indem die Nichte von Mama Sambona Goldmarie heißt. Der Name wird damit begründet, dass der Mutter das Märchen so gut gefiel. Es wird pauschal von „Afrika“ geschrieben, obwohl die Geschichte auf der Ukerewe-Insel angesiedelt ist
Es werden pauschale Aussagen getroffen wie, dass es in Afrika für den Tod, die Regel gibt, dass der Tod nur „drei Mal bei einem Menschen anklopfen darf, wenn er ihn zu den Ahnen holen will“, dass der Tod machtlos ist und „wenn jemand gerade ein Kind betreut oder sonst etwas Gutes für Kinder tut“. Mir ist nicht bekannt, ob diese Motive in (ost-)afrikanischen Märchen auftauchen. Wenn das so wäre, dann dürfte es in (ost-)afrikanischen Märchen keine Waisen geben. Die Vorstellung, dass „afrikanische Königinnen (…) Tee über alles lieben“, scheint mir eher die Reproduktion eines Klischees über englische / europäische König*innen zu sein. Es wird auch pauschal behauptet, dass „ein Hase in Afrika nichts Gutes“ bedeutet. In vielen Märchen in verschiedenen afrikanischen Ländern ist allerdings der Hase eine Figur, die klug und gewitzt ist und sich gegen körperlich Stärkere und scheinbar Mächtigere durchsetzt. Er ist auch nicht Helfer von jemanden, sondern steht für sich selbst ein. Ich weiß nicht, wie das rund um den Ukerewe-See herum/ auf Ukerewe ist. Der Hase in der Illustration mutet nicht wie ein echter Hase an, wie es in den afrikanischen Fabeln der Fall ist, sondern. da er rosa ist, mehr wie ein lebendig gewordenes Stofftier. Er ist ein ängstlicher Befehlsempfänger, der immer einen verzagten Gesichtsausdruck und Körperhaltung hat. Das entspricht eher dem Bild der deutschen Redewendung „so ein Hasenfuß“, denn der Schläue und dem Mut der afrikanischen Fabel-Hasen.
Der Tod ist wie ein weißer (US-amerikanischer) Büro-/Bank-Angestellter/Buchhalter aus einem Schwarz-Weiß-Film dargestellt. Er trägt einen Anzug mit Weste und Taschenuhr, insbesondere die Schirmkappe erinnert an diesen Beruf. Er trägt keine Schuhe und hat Skelett-Füße und -Hände, doch sein Gesicht ist kein Totenkopf. Er sitzt an einem Schreibtisch mit altmodischer Rechen-Maschine, Stempeln und Stempelkissen und schreibt mit einer Feder und Tinte aus einem Tintenfass eine Liste der Menschen, die er „abgeholt“ hat.
Mama Sambona trägt bis auf einem Bild (auf dem sie verkleidet ist) immer das gleiche rote Kleid, das als Lieblingskleid bezeichnet wird. Dazu trägt einen weißen Turban, große dicke Gold-Kreolen, keine Schuhe und raucht Pfeife. Diese Darstellung erinnert mich an viele klischeehafter Fotos (älterer) Schwarzer Frauen, in erster Linie aus den Amerikas. Goldmarie, die nach einer deutschen Märchengestalt benannt ist, trägt als einzige Schwarze auf den allen Darstellungen Kleidung, die europäisch anmutet. Ihre Füße sind nicht zu sehen. Auf einem Bild sitzt sie an einem Tisch und lernt. Bis auf den Hintergrund könnte die Szene auch In Deutschland angesiedelt sein. Auch wenn ich es allgemein positiv finde, wenn Schwarze nicht durch Kleidung und Tätigkeiten exotisiert werden, scheint es mir als hätte der europäische Märchenname sich in der Darstellung des Mädchens niedergeschlagen.
Andere Schwarze haben wie Mama Sambona keine Schuhe an. Sie tragen unterschiedliche Kleidung, beim Fest erinnert die Kleidung eher an West-, denn an OstAfrika. Ihre Gesichtszüge entsprechen den weißen Erwartungen an Schwarze Menschen, die Gesichtszüge von Mama Sambona entsprechen eher der Vorstellungen einer alten weißen Frau.
Mama Sambona ist die Königin von der Ukerewe-Insel, die Insel wird wie ostafrikanische Savanne dargestellt. Wenn ich mir die Bilder zu der Insel im Internet betrachte, ist diese Darstellung falsch. Dass bei der Illustration nicht auf Fakten geachtet wurde, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass es lediglich um die Projektion w eißer Sehnsüchte & Vorurteile geht. Um sie herum sind Schirm-Akazien, Zebras (an einer Wasserstelle), Giraffen, Leoparden und Vögel. Dies entspricht der klischeehaften Darstellung „Afrikas“ wie sie häufig zu finden ist. Gleichzeitig knüpft die Nähe und scheinbare Vertrautheit der Tiere an das Klischee der Naturverbundenheit von Menschen aus Afrika an. Hinzu kommt, dass in weißen Klischee-Vorstellungen „Afrika“ mit wilden Tieren verknüpft wird. In dem Kontext sehe ich die Gestaltung der inneren Umschlagsseiten, auf denen Knochenschädel verschiedener afrikanische Tiere gemeinsam mit menschlichen Schädeln zu sehen sind.
Sie lebt in einer windschiefen, stroh-gedeckten Holzhütte mit einer Veranda, auf der sie einen Schaukelstuhl stehen hat.
Die  Szene auf der Veranda erinnert mich an unzählige Filme, in denen Schwarze im Süden der USA vor den Häusern/Hütten sitzen, die teilweise noch aus den Zeiten der „Sklaven-Quartiere“ stammen (wenn der Film nicht so gar zur Zeit der Versklavung spielt), nur dass der Hintergrund ostafrikanische Savanne ist. Auch dies zeigt dass der Illustrator unreflektiert in die Schubladen seiner stereotypen Vorstellungen von Schwarzen gegriffen hat.
Im Hintergrund ist auf dem ersten Bild das Schloss der Königin zu sehen. Es sieht aus als wäre es eine Felsen-Ansammlung, die ausgehöhlt wurde und mit einem großen Tor und winzigen Fenstern versehen ist. Auf dem zweiten Bild, auf dem das Schloss zu sehen ist und es das erste Mal als solches benannt wird, sieht es aus, als sei es eine Felsenhöhle o.ä.. Auf dem zweiten Bild ist das Schloss im Vergleich zur ersten Darstellung unvollständig.
Da sie die stickige Luft nicht mag, lebt Mama Sambona nicht in ihrem Schloss. Sie trägt auch keine prächtigen Kleider / Schmuck oder königlichen Attribute. Sie schaukelt auf einer Schaukel, die an einer Schirm-Akazie hängt und liegt am Ende des Buches auf einer Decke am Ufer und hat ihre Füße im Wasser.
Das finde ich einerseits sympathisch, weil es aus europäischer / weißer Sicht unkonventionell ist und andererseits ist es so, dass in deutsch-sprachigen Büchern sehr selten afrikanische Königinnen (und Könige) auftauchen. Nun ist das Mal der Fall und die Königin wird vermutlich gar nicht als solche wahr genommen, auch weil sie nicht Königin Sambona heißt, sondern Mama Sambona. Aus meiner Sicht ist die Namensgebung der scheinbaren „Authentizität“ bzw. den realen Klischee-Vorstellungen geschuldet. Dass die Königin wie ein Kind schaukelt, hat vor dem Hintergrund, dass Schwarzen oft ihr Erwachsen=vollwertig-Sein abgesprochen wird, einen bitteren Beigeschmack. Auf dem Bild, das die ausgedachte Geschichte des alten weisen Mannes, der den Hasen in die Irre führt, illustriert, fährt Mama Sambona in einem großen Papier-Faltboot. Zwar sind in der ganzen Illustration des Buches symbolhafte Anklänge an das Märchenhafte der Geschichte und dass das Boot aus Papier ist, könnte auch dafür stehen, dass der Mann sich das ausgedacht hat, doch Angesichts des Bildes von Rückständigkeit, dass vielfach bezüglich des afrikanischen Kontinents in deutschen Medien verbreitet wird, hat diese Darstellung für mich einen negativen Beigeschmack.
Mama Sambona ist eine kluge Frau. Als der Tod das erste Mal kommt, sagt sie, dass er später wieder kommen soll, weil sie ihrer Nichte bei den Schulprüfungen helfen muss. Beim zweiten Mal sagt sie, dass wenn sie die Hirse jetzt nicht erntet, ihre Nichte verhungert. Warum nicht die Eltern der Nichte für sie sorgen ist unklar, außerdem ist das ein Anklang an ein reduziertes Afrika-Bild, in dem Hunger und Hunger-Tode herrschen. Beim dritten Mal lässt Mama Sambona die „großen Königstrommeln aus dem Schloss holen, um ein Fest zu feiern“. Als das Fest im vollen Gange ist, bei dem gigantische Trommeln geschlagen werden und eine riesige Giraffe sich über die Feierenden beugt, kommt der Tod das dritte Mal, um Mama Sambona zu holen. Sie fordert ihn zum Tanz auf und er vergisst vor Vergnügen, warum er gekommen ist. Somit lebt Mama Sambona bis heute.
Auf dem Bild, auf dem der Tod mit Mama Sambona tanzt, lächelt er zum ersten Mal. Da der Tod wie ein weißer Bürokrat dargestellt ist, erinnert dies an das immer wieder kehrende Motiv aus Filmen und Büchern, in denen Schwarze mit „ihrer Lebensfreude und Unverfälschtheit“ Weißen zu einer positiven Entwicklung verhelfen, innerhalb derer sie gelöster, fröhlicher und „lebensbejahender“ werden.
Am Ende scheint es so, als habe sich der Tod zur Ruhe gesetzt, denn er sitzt auf einem Steg am See und macht Seifenblasen. Der Hasen hat sich zu Mama Sambona gesellt. In der Konsequenz müsste das heißen, dass Dank Mama Sambona gar niemand mehr stirbt.
Aus meiner Sicht reproduziert die Geschichte ein klischeebehaftetes, pauschalisiertes Bild von „Afrika“. Ich denke, sie ist in „Afrika“ angesiedelt, weil das dem romantisiertes Bild von „bauernschlauen“, gewitzten, lebensfrohen Schwarzen entspricht, die ein „unverkrampfteres“ Verhältnis zum Tod haben als Weiße und dem Tod ein Schnäppchen schlagen. Sie ist für mich die Projektion einer Sehnsuchtsvorstellung („Ewiges Leben“) auf ein weißes romantisierendes Afrika-Bild. Die Geschichte ist zwar in einem märchenhaften Stil geschrieben, lässt aber gängige Motive aus afrikanischen Märchen außer Acht, reproduziert eher Motive aus dem deutschsprachigen Raum und suggeriert gleichzeitig „afrikanische Authentizität“. Zwar finde ich positiv, dass das Thema „Tod“ aufgegriffen ist, so ist es doch nicht wirklich thematisiert, weil niemand stirbt. Auch finde ich positiv, dass Mama Sambona eine starke und kluge Frau ist und alle Schwarzen positiv wirken. Doch meine Bilanz bezügliches des Buches ist absolut negativ.

 

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Nicht zu empfehlen:

Hermann Schulz: Wenn dich ein Löwe nach der Uhrzeit fragt
Kritik:
• Obwohl konkrete Orte in Tansania und Ruanda benannt werden, ist immer wieder pauschal von Afrika die Rede und es werden pauschalisierende Aussagen über Afrika getroffen, die zum Teil stereotypen Vorstellungen entsprechen.

• Der Zeitpunkt; zu dem die Geschichte spielt; wird nicht benannt. Dadurch, dass die Hauptfigur der Ich-Erzähler ist und immer wieder di*en Leserin anspricht, entsteht der Eindruck, die Geschichte würde in der Gegenwart spielen. Das vermittelt den Anschein, dass eine aktuelle Situation in einem afrikanischen Land bzw. im gesamten Kontinent beschrieben wird, was nicht der Fall ist. Im Nachwort wird deutlich, dass die Geschichte auf den Erinnerungen der Geschwister Adolf Kirschstein und Alice Miller geborene Kirschstein beruht, die zur Zeit der Kolonialherrschaft der Brit*innen in Tansania geboren wurden und den Erinnerungen der Tochter von Mama Margret und Reverend Wilhelm. Ob Temeo der reale Bruder von Adolf und Alice (die beide auch im Buch auftauchen) war, wird mir nicht deutlich. Doch die Geschichte spielt nicht zur Zeit der britischen Kolonial-Herrschaft. Es wirkt so, als sei aus der Sicht des weißen Autors seine Geschichte zeitlos, was sie aber faktisch nicht ist.

• Dadurch, dass der weiße Autor seine Schwarze Hauptfigur zum Ich-Erzähler macht und ihm Worte in den Mund legt, die seiner Vorstellung der Sicht eines Schwarzen 11jährigen entsprechen, vermittelt er den Eindruck, dass die Perspektive eines Schwarzen wiedergeben wird, obwohl es die Sicht eines Weißen ist.

• Mit der Perspektive eines Schwarzen 11jährigen scheint der weiße Autor außerdem die zahlreichen Pauschalisierungen zu rechtfertigen und zu legitimieren, stereotype Witze zu machen. Auch Temeos Mutter legt er zahlreiche pauschalisierende Aussagen in den Mund. Das führt dazu, dass den Leser*innen ein beschränktes, oft stereotypes, immer wieder rassistisch geprägtes und auch sachlich falsches Bild vermittelt wird. • Es werden stereotype, pauschalisierende, abwertende und falsche Aussagen zu Religionen getroffen.

• Temeos weißer Vater hat eine Rolle, die eigentlich einem König o.ä. zustehen würde. Er schlichtet z.B. Streit, ist autoritär, erteilt Befehle, droht körperliche Strafen an (mit der Nilpferdpeitsche) und die Trauer und Beerdigung nach seinem Tod ist größer und umfassender als die um den kurz vor ihm verstorben König. Temeos Vater wird auch als „König der Steine“ und „King“ bezeichnet und es die Rede davon, dass er in „ganz Afrika“ bekannt ist, dass er alles Land kaufen wird und dass er der klügste Mann in der Gegend ist. Die Position von Temeos Vater spiegelt damit eine kolonial-rassistische Sichtweise der Position von Weißen in Afrika bzw. das abwertendes Verhältnis von W eißen zu Schwarzen König*innen in Afrika.

• Der weiße Reverend Wilhelm rast in rücksichtsloser Weise durch die Stadt und schert sich nicht darum, welchen Schaden er dabei anrichtet. Auch dies entspricht einer kolonial-rassistischen Haltung.

• Die Bezeichnung „schwarz“ für Menschen wird oft mit einer negativen Konnotation bzw. in eindeutigem abwertendem Kontext verwendet. Schwarz-Sein wird mit Afrikaner*in-Sein verknüpft, andere Schwarze gibt es nicht. Ein Mal wird Temeo von einem Schwarzen als „N…rjunge“ beschimpft.

• Der weiße Autor lässt Temeo behaupten, dass Schwarze nicht erröten oder erblassen können, lässt ihn die Haare eines Mannes als Kraushaare und Schwarze Frauen immer wieder als dick/wohl genährt, fröhlich und Mamas bezeichnen. Außerdem wird als normal dargestellt, dass Afrikaner sehr viele Kinder (z.B. hundert) haben. Damit reproduziert der Autor hierarchisierende, rassistische, rassistisch-sexistische und stereotype Bilder und Sprache.

• Temeo findet, dass die Weiße Susanna toll aussieht und wenn sie „unsere Hautfarbe hätte, wäre sie richtig schön.“ Auch die W eiße Margret findet Temeo schön. Doch trotz seines Vergleichs von Susanna mit dem Aussehen Schwarzer Frauen, beschreibt Temeo keine Schwarze Frau als schön und auch nicht in anderer positiver Weise. Diese Aussage, die ein Kompliment für Susanna und indirekt für Schwarze (Frauen) sein soll, hat aus meiner Sicht einen sehr bitteren Beigeschmack, dass „Schön-Sein“ mit der Färbung der Haut verknüpft wird, auch wenn der Autor vermutlich versucht hat, einen Perspektivwechsel anzuregen.

• Männer, die mit Pfeil und Bogen bzw. einem Speer auf die Jagd gehen, vergleicht Temeo mit „schwarzen I……rn“. Temeo hält nichts davon, glaubt nicht, dass sie erfolgreich jagen können. Damit reproduziert der weiße Autor zum einen ein rassistisches Bild von Angehörigen der ersten Nationen der Amerikas und zum anderen wertet er diese Art zu jagen ab.

• Schuhe-Tragen wird zwar als teilweise hinderlich und dennoch als erstrebenswertes Statussymbol (eines Sohnes eines W eißen) dargestellt. • Temeos afrikanische Umgebung wird teilweise als rechtsfreier Raum dargestellt, in denen Regeln wie Rauch- und KFZ-Fahr-Verbot für Kinder und Verbot von Diebstahl nicht eingehalten werden müssen.

• Essgewohnheiten von Weißen werden geandert, auch wenn der Autor vermutlich die Absicht hat, weißen Leser*innen einen Perspektivwechsel anzubieten, finde ich dies nicht positiv.
• Stereotype, rassistische Darstellung Schwarzer Arbeiter: bis auf den Vorabeiter sind sie faul, unpünktlich, lügen und fluchen. Sie bedürfen der Anleitung ihres w eißen Chefs, ohne ihn können sie nichts tun, sind also unselbstständige Befehlsempfänger. • Die Darstellung von Temeos Mutter entspricht einem stereotypen Bild über Schwarze Frauen: resolut, herzlich, dick, ungebildet, „abergläubisch“… • Englisch-Kenntnisse sind wichtig. Es wird deutlich gemacht, wer wie gut Englisch kann. Bei keiner anderen Sprache findet das so statt. Das ist eine Reproduktion der vorherrschenden Hierarchisierung von Sprachen. Schlechtes Englisch wird angeblich laut einer Formulierung im Buch ausgerechnet in Kongo bei den Affen gelernt. Obwohl es die Sprachkenntnisse von Europäern beschreibt, wird ein afrikanischer Kontext für das Bild verwendet. Damit wird aus meiner Sicht Ungebildet-Sein mit Afrika verknüpft, was der stereotypen-rassistischen Sichtweise vieler entspricht. • Bildung nach w eißer europäischer Vorstellung gilt als Schlüssel dazu „gute Afrikaner*innen“ zu werden. Dies ist eine rassistische, eurozentrische Sichtweise.


Zur Geschichte bzw. Details zur Kritik: Der 11jährige Temeo würde lieber von allen Thomas genannt werden, doch das tut nur sein Vater Egon Friedrich Kirchstein, der mit Mama Masiti verheiratet ist, der Mutter von Temeo.
Temeo ist der Ich-Erzähler des Buches.
Temeos Mutter ist eine Ha. Temeos Vater ist ein weißer Deutscher.
Temeos Mutter ist Muslima, sein Vater nicht getauft. Ihre Kinder können sich ihre Religion selbst wählen. Drei seiner älteren Geschwister sind katholisch bzw. evangelisch. Insgesamt wird in Muslim*innen, Christ*innen und Heid*innen unterschieden. Temeos Vater ist Heide, „obwohl er ein Heide ist“, Heiden sind „etwas Geheimnisvolles“. Inder sind „weder Muslime, noch Christen, noch richtige Heiden“ und „haben ihre Religion aus Indien mitgebracht“. Temeos Bruder Adolf ist Christ, er sagt Christen seien ehrlich, Temeos Mutter lacht darüber. Papa Whoopy, den Temeo als Zauberer bezeichnet, macht aus Schweinefleisch, das Temeo geschenkt bekommen hat, aber seine Mutter, weil sie Muslima ist, nicht essen wird, Ziegenfleisch. Er schafft auch, dass ein Mann, der bereits als tot galt, bis heute lebt.
Temeo nennt seine Mutter Mama Masiti, warum das so ist, wird nicht erklärt. Wie sein Vater, seine Geschwister und andere Menschen Temeos Mutter nennen, wird nicht mitgeteilt. Temeo bezeichnet seinen Vater als „König der Steine“, nennt ihn Mister King und Papa. Seine Mutter spricht von ihrem Mann immer als „Doktor Kirschstein“, zwei der Schwestern „Papa Egon“, eine Schwester und ein Bruder „Papa Geo“, ein Bruder „Bwana Stein“ und die Menschen aus Kigoma „und vermutlich ganz Afrika“ „König der Steine“.
Temeos Vater ist ein in Afrika viel umher gereister und angeblich in ganz Afrika bekannter Geologe. Er ist in Afrika geblieben, weil er vom Vulkan Namlagira in Ruanda beindruckt war und er in seiner Nähe bleiben wollte. Und weil er seine Frau kennengelernt hat und mit ihr sieben Kinder hat. Seine Namen beziehen sich auf seine Arbeit. Er hat eine Mine, in der er Edelsteine abbauen lässt. Als er das letzte Mal durch einen Fund vieler Edelsteine viel Geld verdient hat, kaufte er einen Lastwagen. Bei der ersten Fahrt mit seiner Familie preschte er so durch einen Fluss, dass ein paar Jungen vor Angst auf die nächsten Bäume kletterten, Er will ganz viele Claims kaufen, daraufhin singen seine Kinder, dass der König der Steine alles Land kauft, dass er der einzige King weit und breit ist und dass sie reich werden. Temeo weiß, dass dies Blödsinn ist und seine Mutter bezeichnet ihren Mann als Träumer. Temeos Mutter ist Analphabetin. Temeos Vater sagt zu Temeo, dass eine Ausbildung aus ihm und seinen Geschwister „gute Afrikaner“ macht.
Temeos Vater spricht Deutsch, Kisuaheli und Englisch. Temeos Mutter spricht Kisuaheli und Kiha. Temeos Vater spricht mit Temeo Englisch, „damit er es vernünftig lernt.“ Temeo kann kein Deutsch.
Temeos Mutter erahnt bevorstehende Ereignisse, in ihrem Haus geht einiges mit Zauberei zu, doch sie möchte nichts mit Zauberei zu tun haben. Sie ist „die Ruhe selbst“, mutig, resolut und tatkräftig, sie verachtet Schuhe und geht immer barfüßig. Sie verscheucht Kinder mit Ohrfeigen, Erwachsene mit Fußtritten und Diebe mit Schüssen in die Luft. Sie hat große Brüste.
Zu Temeo Vater kommen alle jungen Ehepaare, die miteinander Krach haben, damit er ihnen hilft. Er findet heraus was das Problem ist und sagt ihnen die Lösung. Dabei ist er sehr autoritär, spricht im Befehlston und droht, dass wenn sie nicht tun, was er sagt mit der Nilpferdpeitsche kommt und sie schlägt. Das wirkt, die Paare gehen lächelnd, denn solche Probleme hat Temeos Vater im Griff, denn niemand in Kigoma ist so klug wie er.
Reverend Wilhelm rast mit dem Motorrad durch Kigoma in einer Weise, dass Temeo nicht weiß, wie viele Hühner gestorben und wie viele Marktstände zerbrochen sind.
Temeo hat sechs ältere Geschwister, von denen vier erwachsen sind und Kinder haben, sie haben alle deutsche Vornamen. Seine erwachsenen Geschwister und ihre Familien nennt Temeo „schwarze KirschsteinBande“ und seine Nichten und Neffen „kleine schwarze Biester“. Sein Vater bezeichnet, ohne dass dies vom Kontext her nötig ist, Menschen als schwarz. So z.B. fragt er eine Frau, ob sie mit diesem schwarzen Mann verheiratet ist und nennt sie einschmeichelnd „du schwarze Schöne“. Auch Temeo nennt seine jüngere Schwester ohne Anlass „mein kleines schwarzes Mädchen“. Pedro-Mohammed nennt Temeo „kleine schwarze Rotznase“ und „du superschlauer N...rjunge“. Laut Temeo gehört es sich für Afrikaner, schwarz zu sein, dass er und seine Geschwister „ein bisschen heller“ sind, stört nicht, das ist Temeo egal. Pedro-Mohammed hat „Kraushaar“ und seine „Haut war so schwarz, als habe er Lack aufgetragen.“
Temeo besteht darauf, dass er immer Schuhe trägt. Dass er Schuhe tragen will, begründet er damit, dass er der Sohn des Königs der Steine ist. Dass er keine Bonbons klaut wie andere Kinder, begründet er auch damit, dass er der Sohn seines Vaters ist. Andere Dinge klaut er hingegen. Temeo raucht, obwohl sein Vater ihm das verboten hat. Er kann hervorragend Zigaretten drehen. Er kann den Laster seines Vaters fahren, obwohl dies für Kinder seines Alters verboten ist.
Temeo erzählt, dass neuere Filme erst nach längerer Zeit ins Kino nach Kigoma kommen. Aktuell läuft im Kino ein Gruselfilm mit Boris Karloff. Temeo tanzt mit Freunden zu Musik aus dem Kofferradio. Er spielt mit Freunden auf dem Platz Fußball, der eigentlich eine Müllkippe oder eine verlotterte Wiese ist. „Sie spielen Fußball als wäre Franz Beckenbauer nie in der Wochenschau gezeigt worden. Da waren wir um Klassen besser.“
Er isst gerne Ameisen, was sein Vater nicht gerne sieht, doch seine Mutter versteht, weil sie weiß, was gut ist. Auch ein w eißes Mädchen isst gerne (in Unkenntnis ihrer Eltern) Ameisen. Temeo hat Mitleid als er sieht, dass der w eiße Reverend Bratkartoffeln und Salat ist, v.a. Salat findet er ungenießbar.
Temeos Aufgabe zu Hause ist, die Hühner zu rupfen, die seine Mutter verkauft.
In Kigoma gibt es Tutsi, die vor dem Krieg aus Ruanda geflohen sind. Welcher Krieg gemeint ist, ist unklar.
Temeos Vater wird bei einem Unfall in der Grube, die ihm gehört, schwer verletzt und deshalb nach Hause gebracht. Er hat eine Schulter ausgerenkt, ein Bein gebrochen und eine Gehirnerschütterung. Der Arzt empfiehlt ihn ins Krankenhaus zu bringen, doch das lehnt Mama Masiti ab. Warum sie das tut, ist unklar. Sehr viele Leute kommen vorbei und wollen wissen, wie es ihm geht, „sogar der weiße Reverend aus Amerika“ (sprich USA).
Papa Sosthenes ist der Vorabeiter, der für Temeos Vater in der Grube arbeitet. Temeos Vater hält viel von ihm, weil er pünktlich und zuverlässig ist und nicht flucht. Laut Temeos Mutter hat er hundert Kinder und ein gutes Herz. Die anderen Arbeiter fluchen, lügen, sind unpünktlich und Faulenzer. Temeos Mutter bezeichnet sie als „faule Afrikaner“, denen der Vater „sein letztes Geld in den Hintern gesteckt hat“. Doch Temeos Vater ist auf sie angewiesen. Sie können ihre Arbeit nur in seiner Anwesenheit machen, ohne ihn sind sie hilflos, sitzen herum und tun nichts. Sein Vater beauftragt Temeo, den Arbeitern ihren Lohn zu bringen und ihnen zu sagen, dass sie nicht mit zwei Wazungu ( W eiße) sprechen sollen, die die Mine kaufen wollen. Sie sind Strauchdiebe, vermutlich Belgier, sprechen Englisch „als hätten sie es im Kongo bei den Affen gelernt“. Sie wollen schnell reich werden, wie die meisten Wazungu. Nicht alle Afrikaner sind Engel, es gibt Strolche, „die halten dich einfach an und durchsuchen deine Taschen und nehmen dir alles ab.“
Temeo bezeichnet mehrmals Schwarze Frauen als „dicke Mama“.
König Lusimbi ist gestorben, die Trauerfeierlichkeiten werden aus meiner Sicht in einer lächerlich machenden Weise beschrieben. Als Temeos Vater stirbt, werden die Trauer und die Beerdigung ganz anders beschrieben. Sehr viele Menschen kommen zu seiner Beerdigung im Gegensatz zur Beerdigung des Königs.
Temeos Mutter ist der Meinung, dass alle US-Amerikaner*innen und Weiße Geld haben.

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Nicht zu empfehlen:

Hermann Schulz: Dem König klaut man nicht das Affenfell
Das Buch ist die Fortsetzung von „Wenn dich ein Löwe nach der Uhrzeit fragt“, doch während das erste Buch auf den Erinnerungen konkreter Personen beruht, gibt es hier keinen realen Hintergrund für die Erlebnisse des 12jährigen Schwarzen Temeo. Allerdings soll das, was der weiße Autor in der Geschichte König Rukongo erzählen lässt, auf historischer Forschung basieren.

 

Kritik:
Gemischt:

• Durch unterschiedliche Positionen der Redenden im Kontext der Geschichte des Königs Rukonge, der vor hundert Jahren König von Ukerewe war, wird klar, dass Geschichtsschreibung relativ ist und es wichtig ist, vorherrschende Informationen zu hinterfragen. Am Ende stellt König Rukonge selbst dar, wie er die Ereignisse, die letztlich zu seiner Absetzung führten, sieht. Doch leider ist es so, dass W eiße die vorherrschende Geschichtsschreibung hinterfragen, während der Schwarze Temeo sie unreflektiert reproduziert und die historischen Ereignisse auch in den Bildern im Schloss, die von Schwarzen geschaffen wurden, falsch gezeigt werden. Dies produziert aus meiner Sicht ein Bild von kritischen hinterfragenden Weißen und unwissenden Schwarzen, das einem Stereotyp entspricht. In der Realität ist es hingegen oft so, dass Schwarzes Wissen aufzeigt, wo koloniale, rassistische Geschichtsschreibung falsch ist.

• Temeo formuliert als Ich-Erzähler etliche Vorurteile, die ihm der w eiße Autor des Buches in den Mund legt. Diese Vorurteile sind vielfach nationalistische Vorurteile, die W eiße untereinander haben. Es wird deutlich, dass diese nicht zutreffend sind. Das kann in Leser*innen evtl. positive Denkanstöße geben. Allerdings werden keine Vorurteile von W eißen gegen Schwarze benannt bzw. wird Rassismus nicht thematisiert. Angesichts der gesellschaftlichen Machtverhältnisse, der gesellschaftlichen Position des w eißen Autors und angesichts dessen, dass er das Buch für ein mehrheitlich weißes deutsches Publikum geschrieben hat, finde ich das schräg und unpassend.

• Temeo geht davon aus, dass „seine“ Leser*innen die Musik von Remmy Ongalla und seinem Orchester Super Matimila kennen. Außerdem findet er es schwer, sich Namen wie Danz, Pasolini, Schuster und Kowalski zu merken. Mzonganzera, Mutatemwa, Kathabazi oder Mbulamagulu kann er sich einfach und gut merken. Damit könnte bei den Leser*innen ein Perspektivwechsel angeregt werden. Doch auf mich wirkt das sehr platt.

 

Negativ:

• Obwohl konkrete Orte in Tansania benannt werden, ist immer wieder pauschal von Afrika die Rede und es werden pauschalisierende Aussagen über Afrika getroffen.

• Es wird ein romantisiertes Bild Afrikas reproduziert, in dem Temeo den Leser*innen nahe legt, dass alle die Serengeti gesehen haben sollten, weil u.a. „nichts so schön ist auf der Welt wie zum Beispiel den Elefanten im Abendlicht aus der Nähe zuzusehen (…)“.

• Die Kleidung der Schwarzen ist bunt und abgetragen bzw. wenn sie als modern bezeichnet wird, wird dies an europäischen Maßstäben gemessen. König Rukonge trägt einen sogenannten Tropenanzug, also Kleidung der Kolonialherr*innen und dies wird als modern und positiv bezeichnet. Damit wird zum einen ein stereotypes Afrika-Bild reproduziert, in dem der afrikanische Kontinent mit Armut und Farbenfroh-Sein verbunden wird. Zum anderen werden koloniale Vorstellungen gezeigt: „Tropenanzug“ als „passende“, „moderne“ Kleidung und die Vorstellung, dass Modernität an europäischen Maßstäben gemessen wird.

• Auch dass König Rukonge und seine Frau den w eißen Tourist*innen als Geister erscheinen hat für mich einen mystifizierenden Beigeschmack von Afro-Romantik.

• Hinzu kommt, dass König Rukonge seine Sicht der Geschichte einer mehrheitlich weißen Gruppe offenbart, die Gesprächsführung in der Hand des W eißen Ulli Danz liegt und die Nachfragen ausschließlich von Weißen kommen. So wird das Bild bestärkt, dass Wissen für W eiße bestimmt ist und dass es wesentlich ist, dass W eiße Wissen haben, nicht aber Schwarze, noch nicht ein Mal über ihre eigene Geschichte. • Temeos Schwarzer Freund Jackson, der Temeo bei der Leitung der Gruppe versucht zu unterstützen, stiehlt aus der Grabkammer des Königs Rukonge ein Affenfell, was diesen sehr erzürnt. Der Weiße Ulli Danz entschärft die Situation und am Ende schenkt der König der W eißen Jennifer sein Affenfell. Damit hat ein Schwarzer die Rolle des beschimpften Diebes / Grabräubers und Weiße die Rollen der Vermittler bzw. Beschenkten. Das ist vor dem Hintergrund der historischen Fakten aus meiner Sicht sehr bitter. Denn bis heute sind historische Schätze, die von w eißen Europäer*innen in afrikanischen Ländern geraubt wurden, nicht zurück gegeben worden.

• Der Weiße Ulli Danz gibt König Rukonge seinen Königswedel zurück und bezeichnet dieses als Geschenk, obwohl es absurd ist, dass etwas, das im kolonialen Kontext geraubt wurde, großzügig „geschenkt“ wird, statt es mit einer Entschuldigung zurückzugeben und dem König zusätzlich ein echtes Geschenk zu machen. Hinzu kommt, das. der Urenkel des Königs den Königswedel vorher hatte. Statt mitzukommen und seinem Urgroßvater den Königswedel selbst zu geben, gibt er diesen dem W eißen Ulli Danz, damit dieser ein „angemessenes“ Geschenk für den König hat.
• Schwarze versuchen, Weiße zu betrügen und sie finanziell auszunutzen (bzw. es gelingt ihnen), lügen und machen negative Äußerungen über das Aussehen der Weißen. Weiße begegnen Schwarzen freundlich und aufgeschlossen. In dieser Einseitigkeit verzerrt dies die Wirklichkeit.
• Dadurch, dass der weiße Autor seine Schwarze Hauptfigur zum Ich-Erzähler macht und ihm Worte in den Mund legt, die seiner Vorstellung der Sicht eines Schwarzen 12jährigen entsprechen, vermittelt er den Eindruck, dass die Perspektive eines Schwarzen wiedergeben wird, obwohl es die Sicht eines Weißen ist.
• Es werden stereotype, pauschalisierende und abwertende Aussagen zu Religionen getroffen. Der weiße Autor stellt Temeo so dar, dass ihm nicht-christliche spirituelle Sichtweisen peinlich sind, von denen er lieber nicht möchte, dass sie von den Weißen wahrgenommen werden.
• Die Bezeichnung „schwarz“ für Menschen wird oft mit einer negativen Konnotation bzw. in eindeutigem abwertendem Kontext verwendet. Zwei Mal wird das N-Wort von Schwarzen (noch dazu im Kontext von „wild“) verwendet.
• Der weiße Autor lässt Temeo behaupten, dass Schwarze nicht erröten oder erblassen können. Er lässt ihn die Haare seines Freundes Jackson als Wollhaare bezeichnen und Schwarze Frauen immer wieder als dick/wohl genährt, fröhlich und Mamas benennen. Mit der Hand essen lässt er Temeo als Art der „einfachen Afrikaner*innen“ ansehen. Außerdem wird als normal dargestellt, dass Afrikaner sehr viele Kinder (50 bis 100) haben. Damit reproduziert der Autor hierarchisierende, rassistische, rassistisch-sexistische und stereotype Vorstellungen und Sprache.
• Es wird von König Rukonge behauptet, dass die Weiße Jennifer noch schöner wäre, wenn sie Schwarz wäre, doch diese Aussage, die ein Kompliment für Jennifer und indirekt für Schwarze (Frauen) sein soll, hat aus meiner Sicht einen sehr bitteren Beigeschmack. „Schön-Sein“ wird mit der Färbung der Haut verknüpft, auch wenn der Autor vermutlich versucht hat, einen Perspektivwechsel anzuregen.
• In einer Szene lässt der Autor einen Schwarzen seinen Son sich dem Weißen Ulli Danz präsentieren, damit dieser einer Heirat mit seiner w eißen Tochter zustimmt. Das erinnert mich an die Präsentation versklavter Afrikaner*innen zum Verkauf, denn der Sohn hat „extra geduscht“, muss „seine weißen Zähne und prächtigen Muskeln zeigen“.

• Als Temeo Kinder damit verscheucht, dass er ihnen sagt, dass Weiße Schwarze Kinder zum Frühstück verspeisen, wird er von der W eißen Jennifer kritisiert. Er versteht diese Kritik nicht. Er findet, das sei ein harmloser Scherz. Das ist aus meiner Sicht in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen wird ein Schwarzer von einer Weißen für eine für Schwarze verängstigende Aussage über W eiße kritisiert. Zum anderen tut Temeo seine Aussage bzw. Jennifers Kritik als Scherz ab. Dadurch ist eine Weiße in der Position der (Be-)lehrenden einem Schwarzen gegenüber und außerdem wird das Muster, Kritik mit dem Hinweis abzuwehren, dass etwas ein Scherz sei, reproduziert. Außerdem ist die Szene gleichsam eine Umkehrung des in Deutschland unter Weißen verbreitete Spiel „Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?“, was mir ein erneuter misslunger Versuch des Autors scheint, vorherrschende weiße Bilder umzudrehen.
• Auch mit der Art wie der Autor Temeo erklären lässt, warum jemand Englisch so spricht, als habe er es bei den Affen im Kongo gelernt, wird ein weit verbreitetes Kritik-abwehrendes Muster reproduziert: „Das sagt man bei uns so (als Redensart, wenn eine*r schlecht Englisch spricht). Aber das ist nicht böse gemeint.“
• Temeo ist als 12jähriger ohne Erfahrung der Aufgabe als Führer einer Tourist*innengruppe nicht gewachsen. Er verfügt auch über kaum Wissen über die Insel Ukewere. Der weiße Deutsche Ulli Danz hilft ihm immer wieder aus der Patsche. Er weiß mehr als Temeo über die Geschichte der Insel und er ist offener als Temeo zu lernen und zu verstehen. Ulli Danz wird mehr und mehr zum eigentlichen Leiter der Gruppe. Er weist einen Schwarzen Mann scheinbar freundlich zurecht und macht deutlich wie die „richtige“ (= europäische) Art ist. Das finde ich vor dem Hintergrund des rassistischen Machtgefälle sehr problematisch. Mal wieder ist ein Weißer der Belehrende und Leitende.
• Schwarze werden auch in anderer Hinsicht als unwissend hingestellt.
• Englisch-Kenntnisse gelten als wichtig. Es wird deutlich gemacht, wer wie gut Englisch kann. Bei keiner anderen Sprache findet das so statt. Das ist eine Reproduktion der vorherrschenden Hierarchisierung von Sprachen. Schlechtes Englisch wird angeblich ausgerechnet in Kongo bei den Affen gelernt, obwohl dies die Sprachkenntnisse von Europäern beschreibt, wird ein afrikanischer Kontext für das Bild verwendet, was aus meiner Sicht Ungebildet-Sein mit Afrika verknüpft, was der stereotypen-rassistischen Sichtweise vieler entspricht. Die Redensart hätte ja auch lauten können: „spricht Englisch als hätte si*er es bei den Wildschweinen im Schwarzwald gelernt“.
• Es gibt mehrfach diskriminierende Äußerungen / Darstellungen von Dicken.
• Körperliche Strafen für Kinder werden als normal dargestellt.
•Der weiße Autor lässt den 12jährigen Temeo unkritisiert eine erwachsene Schwarze Frau in sexistischer, distanzloser Weise als „meine Süße“ ansprechen.


Inhalt / Details zur Kritik:
Der 12jährige Temeo ist der Ich-Erzähler des Buches. Er hat eine Schwarze Mutter, die zum Volk der Waha gehört und einen w eißen deutschen Vater, der verstorben ist. Dass sein Vater ein weißer Deutscher war, ist nur sehr am Rande Thema.
Der Handlungsort ist Mwanza bzw. die Insel Ukerewe in Tansania.
Temeo übernimmt kurzfristig die Leitung einer Reisegruppe, da sein Bruder versehentlich zwei Gruppen gleichzeitig angenommen hat. Er hat keinerlei Erfahrung und war an dem Ort, wo er die Gruppe führen soll, erst ein Mal. Sein Bruder hat der Gruppe gesagt, dass Temeo bald 16 Jahre werde, dabei ist er erst 12 Jahre alt. Der weiße Deutsche Ulli Danz hilft ihm immer wieder aus der Patsche, da er einiges über Ukerewe weiß und sich für vieles begeistert. So erklärt er z.B. die Bilder im Schloss, nicht Temeo. Er weiß mehr über die Geschichte der Insel als Temeo.
Temeo ist erstaunt, dass ein Franzose Robert Schuster heißt und blond ist. Ebenso hält er Esther Kowalski für eine Polin, doch sie ist Dänin. Er ist erstaunt, dass Missis ein Vorname sein kann. Er glaubt, dass deutsche Bier, Französ*innen und Italiener*innen jede Menge Rotwein trinken, Dän*innen von morgens bis abends klaren Schnaps und Pol*innen Wodka. Doch die Tourist*innen wollen Bananenbier trinken. Temeo denkt, dass die Tourist*innen nicht zu Fuß gehen können, da sie keine Afrikaner*innen sind. Doch sie finden „es viel besser, zu Fuß die Insel zu erkunden“. Temeo behauptet, dass „Sukuma-Leute“ ihr Essen nicht bezahlen. Temeo denkt, dass es für Europäer*innen etwas Besonderes ist, mit der Hand zu essen und dass er, damit er als erfahrener Afrikaner gilt, sich nicht anmerken lassen darf, dass es für ihn auch etwas Besonderes ist. Außerdem hält er es für eine Sitte „einfacher Leute“. Es ist erstaunlich für Temeo, dass die Schwarze Hotelwirtin wie eine ausgebildete Kellnerin bedienen kann.
Als Temeo nicht weiß, wie er das Auftauchen der Schwarzen Frau erklären soll, behauptet er, dass Geister in Afrika anders spuken und er eine Menge darüber gelesen habe, obwohl dies nicht stimmt.
Temeo vermutet, dass seine Mutter an Hexerei glaubt. Er selbst glaubt nicht an Geister, da er „ein Verstandesmensch“ ist. Aber das Erscheinen von König Rukonge und seiner Frau, die seit hundert Jahren tot sind, kann er nicht erklären, obwohl er meint, dass er das als zukünftiger Detektiv können müsse. Die Aussage seines Bruders, dass Flugzeuge nichts mit Zauberei zu tun haben, stellt Temeo in Frage. Auf Ukerewe gibt es vor manchen Häusern kleine Kästen, die eine Unterkunft für die Ahnen sind. Temeo will die Fragen, der Tourist*innen nicht beantworten, „denn es hat mit Heidentum zu tun. Aber Ulli Danz ist hartnäckig.“ Er erklärt, „manche der Leute seien noch keine richtigen Christen“ und haben deshalb diese Kästen. Temeo versucht, die Tourist*innen an den Ständen mit Heilkräutern vorbei zu zerren, „weil hier meistens Zauberei im Spiel ist“ und „Europäer nicht viel von Zauberei hielten.“ Doch Ulli Danz lässt sich „jedes Mittel haarklein erklären.“ Und auch die anderen Tourist*innen interessieren sich besonders für diese Stände. Temeo ist der Meinung, dass Christ*innen „manches einfach so erklären, wie es ihnen in den Kram passt.“
Temeo behauptet, dass König Rukonge grausam gewesen sei und w eiße Missionare und eine Menge Afrikaner umgebracht habe. Seine Urenkelin erzählt, dass er liebevoll und reich gewesen ist. Im Schloss auf Gemälden ist der angebliche Überfall auf die Watussi zu sehen, während dem der König die „Sklavenbefreier“ angeblich niedergemacht hat und der Schusswechsel mit dem betrügerischen Händler Songoro, bei dem zwei englische Missionare ums Leben kamen. Der Schriftsteller Kitereza, der ein Urenkel des Königs ist, sagt, dass König Rukonge ein guter Regenmacher und ein kluger und gerechter Herrscher gewesen sei, der sonst nicht dreißig Jahre hätte regieren können, weil er sonst von seinem Volk abgesetzt worden wäre. Er sei von den Europäer*innen abgesetzt worden, da er ihnen zu widerspenstig war.
Die Königin von Ukerewe Nambona lebt nicht im Schloss, weil der Geist ihres Urgroßvaters Rukonge dort herumgeistert. Als Temeo und Jackson die Tourist*innen mit dem falschen Geist hinters Licht führen wollen, ist ihr Darsteller betrunken. Stattdessen taucht eine große Schwarze Frau in langem modernen Abendkleid und goldenem Schmuck auf, die einen Leoparden bei sich hat. Sie sagt, dass sie die Frau von König Rukonge ist. Sie sagt, dass sie dem Regen „den Befehl gibt, dass er für eine Stunde Ruhe gibt“ und es hört auf zu regnen.
Der Schriftsteller Kitereza sagt, dass es eine großartige Auszeichnung sei, König Rukonge zu sehen und dass er ihn noch nicht gesehen habe. Am nächsten Abend erscheint König Rukonge mit einer großen Löwin. Er trägt einen weißen Tropenanzug mit einem blauen Hemd mit buntem Kragen und hat eine silberne Zigarettenspitze. Die Kleidung wird als modern bezeichnet. Temeo kann keinen vernünftigen Gedanken fassen, Ulli Danz eröffnet das Gespräch. König Rukonge ist erzürnt, dass Jackson aus seinem Grab ein Affenfell mitgenommen hat, doch Ulli Danz entschärft die Situation, in dem er sich für ihn entschuldigt. König Rukonge erzählt, dass der Schwarze Elfenbeinhändler Songoro bei ihm Schulden gehabt hat und ohne sie zu begleichen verschwinden wollte. Das wollte der König verhindern. Bei Songoro waren die beiden englischen Missionare. König Rukonge hatte ihnen Schutz angeboten. Die Missionare nahmen das nicht an, sie schossen mit Songoro auf die Soldaten von König Rukonge und töteten sehr viele von ihnen. Es wurde eine richtige Schlacht, in der auch die Missionare und Songoro starben. König Rukonges Verwandeter Mukaka hat versucht, sich bei den Deutschen und Engländern beliebt zu machen, um König von Ukerewe zu werden. So gab er Geschenke des Königs als seine eigenen aus. Nach der Schlacht von Neuwied wurde Mukaka König. Der König erzählt, dass ihm vorgeworfen wurde, dass er Menschen versklavt habe. Er sagte, dass bei ihnen Menschen lebten, die als Kinder gebracht wurden, wenn eine Hungersnot war. Sie gaben den Eltern Getreide und Fleisch und die Kinder haben dann für sie gearbeitet und konnten als Erwachsene ihrer Wege gehen. König Rukonge hat sie nie an „Sklavenhändler“ verkauft, wie von den Kolonialisatoren beauptet wurde. König Rukonge hat mit den Engländern und Deutschen gekämpft, weil sie ihn nicht respektierten. „Sie waren gekommen, um zu herrschen“. Ulli Danz überreicht König Rukonge seinen Königswedel, den er von dem Großenkel König Rukonges Ancenti Kitereza als Geschenk für den König bekommen hatte. Dann verschwindet der König. Kurz darauf erscheint er erneut und sieht aus wie auf dem historischen Foto, das von ihm in Gefangenschaft gemacht wurde. Er spricht Französisch und ergänzt das, was er bei seinem ersten Auftritt auf Englisch gesagt hat. Den Sinn dieses zweiten Auftritts habe ich nicht verstanden. Später sieht die Gruppe den König und die Königin noch ein Mal vom Schiff aus. Doch auf den Fotos, die Mitglieder der Gruppe gemachen, sind beide nicht zu sehen.
Temeos Freund Jackson hat laut Temeos Worte angeblich „Wollhaar“. Die Menschen von Ukerewe tragen am Sonntag „ihre schönsten bunten Tücher“ und „die besten Stücke ihrer alten Klamotten“, alle „Moden der letzten dreißig Jahre“ und „ziemlich zerlumpt“. Auch an anderen Tagen sind Schwarze Frauen „bunt gekleidet“. Schwarze Frauen werden von Temeo mehrfach als Mamas, dicke Mamas bzw. dicke freche Mamas und als gut genährt bezeichnet. Königin Nambona hat dicke weiche Hände. Die W eiße Jennifer wäre noch schöner, wenn sie Schwarz wäre, sagt König Rukonge.
Schwarze manchen anzügliche Anmerkungen über die „merkwürdig blasse Haut“ der Europäer*innen. Schwarze Schulkinder scheinen sich über die Europäer*innen lustig zu machen.
Ein Mann auf Ukerewe, der vier Frauen und ungefähr 50 Kinder hat, möchte, dass Ulli Danz ihm seine 15jährige Tochter Jennifer als Frau für seinen ältesten Sohn gibt. Der Mann verschlingt „Jennifer mit den Augen“. Der Sohn hat „extra geduscht“, muss „seine weißen Zähne und prächtigen Muskeln zeigen“. Ulli Danz sieht das gelassen. Er sagt zu Temeo: „die sucht sich ihren Mann selber aus! So ist das bei uns zu Hause.“ Er weiß, „wie man so jemand zum Schweigen bringt.“ Als der Vater sagt: „Einen so stolzen schönen Mann aus einer königlichen Familie findet man nicht jeden Tag“, entgegnet Ulli Danz „Wenn in alten Zeiten der König mindesten hundert Kinder hatte(..), dann sind wir auf einer Insel voller Königskinder, oder?“. Einen erneuten Versuch des Vaters wehrt er damit ab, dass er sagt, dass seine Tochter nach Deutschland zurückkehren, Abitur machen und studieren wird und das bestimmt zu lange zum Warten ist. Der Mann ist erstaunt und wendet sich ab.
Zwei ältere Schulkameraden von Temeo betrügen gemeinsam mit Taxi-Fahrern w eiße Tourist*innen und ziehen ihnen so Geld aus der Tasche. Das hat Temeo gemeinsam mit Jackson herausgefunden. Sie sind noch unsicher, ob sie das der Polizei melden.
Temeo und Jackson wollen die Tourist*innen-Gruppe hinter´s Licht führen, in dem sie einen Mann engagieren, der den Geist von König Rukonge spielt. Der Mann „soll ein bisschen herumschreien und auf wilden N…r machen“. Sie finden einen Mann, der sagt „Ein bisschen den wilden N….rkönig spielen – kein Problem!“ Er soll dafür fünf Dollar bekommen. Doch später ist er zu betrunken, um seinen Auftrag auszuführen.
Temeo bietet einem Mann für ein Essen für sieben Personen zehn Dollar, doch dieser möchte 20 Schilling, was dem Wert von einem Dollar entspricht. Temeo sieht das als gutes Geschäft. Derselbe Mann fragt Temeo, ob Flugzeuge von ihren afrikanischen Ahn*innen erfunden wurden.
Im Hotel sind zu wenig Zimmer gebucht. Das Bad besteht aus einer hohen rostigen Tonne und einer alten Badewanne voller Macken. Das Bad der Königin von Ukewere ist ein See. „Etwas Schöneres kenne ich nicht“, sagt die Königin.
Temeo spricht eine Hotelangestellte mit „meine Süße“ an.
Laut Temeo spricht Ulli Danz „ein Englisch als habe er es im Kongo bei den Affen gelernt. Das sagt man bei uns (in Temeos Umfeld), wenn einer eine seltsame Aussprache im Englischen hat. Aber das ist nicht böse gemeint.“ Die Inhaberin des Hotels kann kein korrektes Englisch. Ein Mann auf Ukerewe spricht leidlich Englisch. Die Königin auf Ukewere spricht gutes Englisch. Die Frau, die sich als Frau von König Rukonge vorstellt, spricht erstklassiges Englisch, Temeo ebenso. Der Schriftsteller Kitereza spricht Englisch, Französisch, deutsch, Latein, Griechisch, Hebräisch, Kisukuma, Kisuaheli, Kikerewe. Der Koch „plappert“ in einer Sprache, die Temeo nicht versteht.
Schwarze Erwachsene lachen über koloniale Verbrechen und w eiße Ignoranz, Temeo findet das „gar nicht lustig, sondern ziemlich bescheuert“.
Temeo behauptet, dass Schwarze nicht rot oder blass werden können.
Temeo wird von Schwarzen als „kleine schwarze Rotznase“, „kleines schwarzes Großmaul“ und als „kleiner schwarzer Wichtigtuer“ bezeichnet. Temeo bezeichnet Kinder als „eine Bande schwarzer Bälger“ und „schwarze Lümmel“. Er sagt den Kindern, dass W eiße „zum Frühstück gern kleine schwarze Kinder verspeisen“, damit sie weggehen. Dafür wird er von der w eißen Touristin Jennifer angemotzt und gefragt, ob er verrückt sei, doch Temeo versteht die Kritik nicht und findet, dass er einen harmlosen Scherz gemacht hat.
Temeo wundert sich, dass kein Lehrer kommt, um Schüler*innen, die Schule schwänzen, die Ohren lang zu ziehen.

 

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Nicht zu empfehlen:

Simon Schwartz: Packeis
In der Grafic Novel wird in sehr freier Weise vom Leben des afrikanisch-USamerikanischen Polar-Forschers und Nordpol-Pioneer Matthew Hensons erzählt. Viele Details in der Geschichte sind faktisch falsch, andere werden verschwiegen. Vergleiche der Geschichte mit der sich im Anhang befindlichen Zeittafel zeigen dies deutlich. Noch deutlicher wird es, wenn zusätzliche Quellen hinzugezogen werden. Leider ist dadurch sehr undeutlich, was der Autor sich ausgedacht hat und was auf realen Begebenheiten in Matthew Hensons Leben beruht, so auch Schlüsselszenen, auf die der Autor zurückgreift.
Der Autor arbeitet in dem Buch mit verschiedenen Ebenen, verschiedene zeitliche Ebenen und „reale“ Ebenen und (pseudo-)mystische / - mythologische Ebenen.
In dem Buch wird klar gezeigt, dass tief verwurzelter Rassismus und Konkurrenzdenken verhindert, dass die Tatsache, dass Matthew Henson vor dem bekannten weißen Polar-Forscher Peary am Nordpol war, einer größeren Öffentlichkeit bekannt wird und dass sein wesentlicher Beitrag in Pearys Polar-Expeditionen viele Jahrzehnte in keiner Weise anerkannt wird. Es ist deutlich, dass es ein Anliegen des Autors ist, Matthew Henson als Polarforscher und Gründe, warum über ihn vielfach geschwiegen wird, sichtbar zu machen. Das sind aus meiner Sicht die Pluspunkte des Buches.
Doch die negativen Kritikpunkte überwiegen aus meiner Sicht:
Das Wort Rassismus oder rassistisch werden in dem Buch an keiner Stelle benutzt. Es gibt Umschreibungen wie z.B. „Hass und Ignoranz“. Auch Weiße, die gegen einzelne rassistische Handlungen protestieren bleiben letztlich erfolglos. So entsteht der Eindruck als wäre Rassismus übermächtig und nicht durch (weißen) Menschen geschaffen und möglich durch Menschen abzuschaffen.
Trotz aller rassistischer Handlungen ihm selbst und den Inuit gegenüber wird Matthew Henson Peary gegenüber loyal dargestellt, er rettet ihm mehrfach das Leben und nennt ihn einen Freund. Es bleibt völlig unklar, warum Henson immer wieder mit dem als skrupellos und unsympathisch dargestellten Peary auf Expedition geht und sich nicht mit dem weißen Polar-Forscher Cook zusammen tut, als dieser eigene Expeditionen macht, obwohl dieser in der Geschichte durchgängig als positiver Mensch dargestellt wird.  Der w eiße Kapitän Childs, bei dem Henson als Jugendlicher arbeitet und der ihn protegiert, interveniert in einer rassistischen Situation für Henson (er wird verbal u.a. durch das Ni-Wort und körperlich misshandelt). Allerdings vermittelt Childs dem jungen Henson auch, das nicht sinnvoll ist, sich gegen Rassismus (körperlich) zu wehren und reduziert seinen Kampf gegen Rassismus auf vorbildhaftes Zeigen seines Wissens und seiner Intelligenz und dass sich manches nie ändern wird. Diese Sicht verinnerlicht Henson in der Geschichte und zeigt sie immer wieder in Situationen, in denen er rassistisch misshandelt wird. Immer wieder wird in dem Buch es so dargestellt, das Matthew Henson Rassismus hinnimmt (z.B. wenn er als „Boy“ rassistisch degradiert wird), weil er akzeptiert, das er nicht die Macht hat, etwas zu verändern. In dem Buch werden tatsächlich immer wieder Szenen gezeigt, in denen Henson durch sein Wissen verblüfft, wodurch er z.B. bessere Tätigkeiten erhält. Letztlich bleibt aber Henson in der Rolle des duldsamen, bescheidenen, loyalen Schwarzen, der seine Stärken kennt, das ihm angetane Unrecht sieht und darunter leidet und dennoch auf dem ihn zugewiesenen Platz bleibt bzw. hofft, dass seine Leistungen für ihn sprechen werden. Das ist die Reproduktion der „Onkel Tom“-Bildes, das viele W eißen von „guten“ Schwarzen haben. Der w eiße Forscher Cook bezieht immer wieder klar gegen Rassismus Stellung, kann aber auch oft nichts am Geschehen verhindern, auch er unterstützt Henson. In der Geschichte wehrt sich seine Frau Lucy und protestiert gegen Rassismus, doch letztlich kann sie das rassistische Verschweigen der Leistung ihres Mannes nicht verhindern.
So bleibt Rassismus in der Geschichte und auch in der Zeittafel etwas gegen das Schwarze (und auch W eiße) ohnmächtig sind und gegen den öfter W eiße die Stimme erheben als Schwarze. Es bleibt unerwähnt, dass es Schwarze sind, die durch Publikationen dafür sorgen, das Hensons Verdienste an eine Öffentlichkeit kommen. Diese Darstellung legt nahe, das der w eiße Autor des Buches sich, wie auch die W eißen Childs und Cook als w eißer Wohltäter Hensons posthum sieht, dessen Verdienst es ist, Hensons Beitrag sichtbar zu machen.
Matthew Hensons Beitrag zu den Expeditionen wird unvollständig dargestellt. Seine Fähigkeiten werden auf körperliche Stärke, Durchhaltevermögen und handwerkliches Geschick reduziert, seine intellektuellen Fähigkeiten bleiben unerwähnt. Es bleibt völlig ungesagt, dass er z.B. etliche Sprachen sprach. Dass er die Sprache der Einwohner*innen von Etha sprach, wird nur in der Zeittafel erwähnt. Etha an der Küste Grönlands war der Ausgangsort der Polar-Expeditionen, in denen Henson z.T. mehrere Jahre verbrachte. Dies reproduziert die rassistische Sicht auf Schwarze Menschen, in der ihre Stärke in körperlichen und handwerklichen Fähigkeiten gesehen wird und intellektuelle Fähigkeiten negiert.
Ebenso wird seine Beziehung zu den Einwohner*innen von Etha und seine Beziehung zu einer Frau aus Etha, mit der er ein Kind hatte, in der Geschichte verschwiegen. In der Zeittafel wird die Rolle der Frau, mit der er eine langjährige Beziehung hatte, darauf reduziert, dass sie Henson einen Sohn gebar. In der Zeittafel wird der Grund des Vertrauens, das Henson in Etha genoss, darauf begrenzt, dass die Menschen in ihm einen Verwandten sahen. Das Hensons Persönlichkeit, Haltung und sein Umgang mit den Menschen von der Art der W eißen unterschied, das dies vermutlich auch an seiner eigenen Erfahrung als Schwarzer in einem rassistischen System gelegen hat und er deshalb eine andere Beziehung zu ihnen hatte, wird nicht gesehen. Hensons Beziehung zu den Inuit und das Wissen, das er dadurch erwarb, war aber wesentlich für die Ergebnisse der Expeditionen.
Dass Matthew Henson noch Jahrzehnte später unter den Einwohner*innen in Etha als Mahri Pahluk bekannt war, nimmt der Autor zum Anlass, in das Buch eine pseudomystische Geschichte einzuweben, in der Henson, Peary, Cook, Childs als mystische Gestalten mit individuellen maskenhaften/ symbolhaften Köpfen gezeigt werden. Ob es hier irgendeinen realen Bezug zu Darstellungen / Erzählungen / Mythologie von Inuit  in Etha gibt, ist unklar, es bleibt zu vermuten, dass der Autor lediglich sein Buch mystisch / exotisch „würzen“ wollte. Die Inuit werden in diesen Bilder alle einheitlich dargestellt und besitzen keine Individualität, im Gegensatz zu Henson und den W eißen. Sie werden stereotyp darstellt und außerdem mit einfachen kleinen Booten, Speeren, Zelten und Iglu ausgestattet. Bis auf einen kleinen Jungen Minik und seinem Vater Qisuk bleiben die Inuit, ohne die die Expeditionen zum Nordpol gar nicht möglich gewesen wären, ohne Namen und Persönlichkeit. Auch in den nicht-mystischen Teilen des Buches ist die Darstellung der Inuit, ihr Wissen und ihre Religion klischeehaft und exotisiert.
In dem Buch werden Inuit immer als „Wilde“ bezeichnet, ohne dass dem widersprochen wird. Doch die Dramatik und das Verbrechen der Versklavung und Verschleppung mehrerer Inuit durch Peary wird deutlich benannt, ausgesprochen wird dies durch den W eißen Cook, Henson weist der Autor den Part des Aufzeigen aufgewühlter Gefühle zu (z.B. erbricht Henson angesichts der angeketteten, versklavten Inuit unter Deck) und lässt ihn sprachlos. Dies ist eine Reproduktion der Aufteilung W eiße = Intellekt (Verbalisierung des Unrechts) und Schwarze = Gefühl.
Auch die Darstellung der Nicaraguaner, denen Henson, Cook und Peary bei Arbeiten für einen letztlich nie gebauten transatlantischen Kanal in Nicaragua vor ihren PolarExpeditionen begegnen, ist sehr klischeehaft. Außerdem werden sie als unwissend hingestellt.

In dem Buch weist der Autor Henson in seinem späteren Leben die Arbeit eines Hausmeisters in einem Museum zu, in dem Exponate von den Polar-Expeditionen ausgestellt werden. Er konstruiert analoge Szenen im Leben des gealterten Henson und dem jungen Henson. Henson war in der Realität von 1913-36 Sekretär im Zollamt in New York (in der Zeittafel im Buch steht „Laufbursche“). Der Autor belässt Henson in der Rolle eines körperlich / handwerklich arbeitenden Hausmeisters. Vermutlich tut er dies, um so Szenen erschaffen zu können, die er für künstlerisch / dramaturgisch sehr geschickt hält, um so scheinbare Analogien aus verschiedenen Lebensphasen herstellen. Dies tut er bestenfalls in der Absicht, um die Kontinuität von Rassismus in Hensons Leben zu zeigen. Doch damit reduziert er wieder Hensons Fähigkeiten, in einer Art und Weise, die ihm nicht gerecht wird und zum anderen letztlich rassistischen Stereotypen entspricht, weil sie die intellektuellen Fähigkeiten Hensons nicht zeigt.
Abschließend denke ich, dass es auf Englisch wesentlich bessere Bücher – auch für Kinder - über Matthew Henson gibt und dass dieses deutsch-sprachige Buch einer sehr kritischen Betrachtung und Begleitung bedarf.

 

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Nicht zu empfehlen:

Marie Sellier: Sag mir, wie ist Afrika?
Das Buch ist eine Reproduktion gängiger weißer Stereotype über Afrika. Es ist andernd und exotisierend. Es ist eine Darstellung von „Rückständigkeit“, die gleichzeitig romantisiert wird.
Das Buch ist als Frage-Antwort-Gespräch konstruiert zwischen einem Jungen names Chaka und seinem Großvater Papa Dembo.
Illustriert ist der Dialog mit skizzenhaften Bildern und Abbildungen von Gegenständen.
Die Gegenstände sind hauptsächlich Masken (10); Skulpturen (5); eine Kora; ein Stuhl; ein Löffel, der zum rituellem Speisegeben dient und eine Figur, die zur therapeutischen Arbeit eingesetzt wird. Sie sind aus Guinea (1), Elfenbeinküste (4), Burkina Faso (1), Ghana (1), Nigeria (4), Kamerun (2), Gabun (2), Kongo/Kinshasa (1) und Tansania (1). Sie sind also aus neun Ländern der 53 afrikanischen Nationalstaaten und illustrieren eine scheinbar biographische Geschichte eines Mannes, der vermutlich in einer Region eines Landes lebt(e).
Die Gegenstände stammen aus unterschiedlichen Epochen und von diversen Völkern, die unbenannt bleiben. Am Ende des Buches gibt lediglich eine schemenhafte Afrika-Karte und die Zuordnung der einzelnen Gegenständen zu den einzelnen Ländern, aus denen sie stammen. Es gibt oft keinen Kontext zum Text, neben dem die Gegenstände abgebildet sind bzw. er muss selbst herstellt werden, in dem auf der letzten Seite nach gesehen wird, was für ein Gegenstand ist (z.B. Regenmaske zum Thema Regenzeit). Aber ist dies nicht immer möglich (wobei ich fraglich finde, ob Leser*innen des Buches dies oft tun). Es ist eine Fruchtbarkeitsfigur der Akan auf der Seite, auf der erzählt wird, dass die Eltern von Dembo sich kennenlernen und Dembo ihr Erstgeborener ist, doch auf der letzten Seite steht lediglich „Figur.“ Eine Tonstatuette aus Nigeria wird auf einer Seite als Illustration verwendet, auf der Dembo erzählt, dass er aus Langeweile kleine Männchen aus Ton geknetet hat. Durch den Kontext, der Art der Statuette und dadurch, dass zu ihrer Herkunft und ihren historischen Kontext nichts geschrieben wird, wirkt dies so als ob sozusagen jedes (afrikanische) Kind aus Langeweile eine derartige Figur schaffen kann und entwertet die Bedeutung der Statur. Die Bedeutung und Verwendung der Gegenstände wird nicht erklärt.

Durch die Auswahl dieser Illustration wird suggeriert, dass eine Bandbreite afrikanischer Kunst eingebracht und damit eine umfassendere Antwort auf die Frage „Wie ist Afrika“ gegeben wird. Gleichzeitig wird vermittelt, dass all diese Gegenstände im Leben des Großvaters bzw. Chakas eine Bedeutung haben, obwohl sie nicht in so vielen Ländern leben. So wird ein Ausschnitt der Vielfältigkeit afrikanischer Kunst über die historischen Epochen hinweg in einen Topf geschmissen und zu einen Eintopf „verkocht“ und sie wirken lediglich als eine mystifizierende Untermalung, die ein weißes Afrika-Bild bedient und zugleich scheinbar Authentizität vermittelt.
Die erste Skizze legt nahe, dass Chaka und sein Großvater in einem ungenannten afrikanischen Land leben. Warum ein Kind, das in Afrika lebt, jemanden fragen sollte, wie Afrika ist, weiß ich nicht. So wird das konstruierte Gespräch lediglich Mittel zum Zweck: Der Vermittlung von Pseudo-Wissen und der Reproduktion von „Afrika“Romantik. Im Text wird nicht genannt, wo Chaka und sein Großvater leben. Durch das Konstrukt eines Dialogs zwischen Großvater und Enkel, in dem der Großvater scheinbar aus seinem Leben erzählt, wird vermittelt, dass die „Informationen“ authentisch sind und dadurch, dass die Ausgangsfrage „Sag mir, wie ist Afrika“ ist, wird suggeriert, dass die „Informationen“ universell für den ganzen Kontinent gültig sind. Dadurch, dass die Ausgangsfrage in Gegenwartsform gestellt ist, entsteht der falsche Eindruck, dass in dem Buch das heutige Afrika beschrieben wird.
Bis auf ein detailliert ausgeführtes Bild einer Frau, sind alle Menschen auf den Skizzen gesichtslos und anonym, obwohl im Text von konkreten Menschen die Rede ist. Das macht Schwarze Menschen zu Objekten und sie austauschbar. Es reproduziert die Versachlichung Schwarzer und letztlich ihre Entmenschlichung, die Grundlage von Versklavung und Kolonialisation war und heute z.B. für das bewusste in Kaufnehmen des tausendfachen Todes Schwarzer an Europas Außengrenzen, insbesondere auf dem Mittelmeer. Es reproduziert auch die weißen Sichtweise, dass „alle Schwarze gleich sind“. Das detailliert ausgeführte Bild einer Frau ist die Illustration des Textes, in dem der Großvater von der Schönheit seiner Mutter erzählt. Gleichzeitig ist auch diese Schönheit austauschbar, weil auf der vorherigen Seite eine skizzierte Frau ohne Gesicht dargestellt ist und im Text ebenfalls von der Mutter des Großvaters die Rede ist. Die Masken und anderen Gegenstände, die Menschen darstellen, zeigen stilsierte (der jeweiligen Kulturepoche entsprechende) Gesichter, eine Skulptur ist das individuelle Portrait einer konkreten Person. Die Gesichtszüge sind sehr unterschiedlich, aber für die meisten weißen Betrachter*innen (an die sich das Buch richtet) fremd und ungewohnt und sie tragen in ihrer Zusammenhangslosigkeit nicht zur individualisierten Wahrnehmung Schwarzer bei.

Auf drei Illustrationen sind Frauen zu sehen, zwei Mal sind sie barbusig. Hinzu kommen sechs Gegenstände, die Frauen darstellen, die nackt (2) oder nur um die Hüfte bekleidet sind (2). Bei vieren haben die Frauen Schmuck-Narben / rituelle Narben. Bei fünf tragen die Frauen kunstvolle, traditionelle, symbolhafte Frisuren. Die skizzierten männlichen Personen (insgesamt 18 Abbildungen) sind sieben Mal mit nacktem Oberkörper und sechs Mal mit Turban und weitem Gewand dargestellt. Sechs Gegenstände stellen Männer dar. Zwei tragen kunstvolle, traditionelle, symbolhafte Frisuren, einer einen Kopfschmuck, zwei rituelle Narben /Schmuck-Narben. Es wird im Text weder etwas zur Kleidung (außer dass die Kinder fast nackt sind, weil es heiß ist), noch zu den Narben, noch zu den Frisuren geschrieben. Die Illustrationen und die abgebildeten Gegenstände reproduzieren ohne eine Kontextualisierung lediglich ein Bild eines „rückständigen Afrikas“. Auf einem Bild reitet ein Kind auf einem afrikanischen Elefanten, eine Szene die sich eher nicht abspielt, allenfalls in europäischen Zirkus. Die Szene mutet so an als sei kurzer Hand für die romantische Würze des Buches, ein romantisierendes Bild aus Indien nach „Afrika“ transferiert worden. Auf dem Umschlag sind innen und außen ziehende Vögel zu sehen. Mir scheint das ein Symbol der „weiten“ Entfernung zwischen Afrika und Europa zu sein und ich vermute, dass dies nicht nur geographisch gemeint ist, sondern auch kulturell. Die Illustrationen zeigen oft nicht das, was im Text beschrieben wird.
Die Eltern von Dembo (ost-afrikanischer Name) heißen Khadija (muslimisch-arabischer Name) und Samba (gambischer Vorname), sein Freund Lawali (nigrischer Vorname), andere Jungen heißen Moussa (arabischer / musilimischer Vorname) und Tuvanga (kongolesischer / angolanischer (Vor-)Name), der Heilkundige heißt Tima (russische bzw englische Koseformen von Timothy oder Timur). Chaka ist ein Name, der in Südafrika verbreitet ist. Das die Namen der benannten Personen in dem Buch so unterschiedlichen Ursprungs sind, passt zum ganzen Konstrukt es Buches, dass aus willkürlich zusammengestückelten Versatzstücken besteht, die aus weißer Lust und Laune zusammen gewürfelt wurden.
Papa Dembo erzählt von seiner Mutter. Die Mutter war vor ihrer Heirat „arm, aber schön wie der Frühlingshimmel.“ Da gleichzeitig von Trockenzeit und Regenzeit die Rede ist, ist deutlich, dass der Großvater und Chaka nicht in einer Region Afrikas leben, in der es Frühling, Sommer, Herbst und Winter gibt. Deshalb ist der Vergleich mit dem Frühlingshimmel genauso deplatziert, wie dass an anderer Stelle von aufgetürmtem gelbem Laub und von Plätzchen die Rede ist. Da scheint die Projektion weißer Sehgewohnheit in der Konstruktion des Buches mit der Autorin durchgegangen sein.


Die Beschreibung ihrer Schönheit ist von großer Bedeutung, letztlich auch weil sie zur Nennung von Polygynie führt, da Dembos Vater die Mutter allen Frauen vorzieht (Anzahl ist unbenannt). So wird Polygynie als afrikanische Norm eingeführt und gleichzeitig Ungleichbehandlung von Ehefrauen in patriarchaler Logik legitimiert. Die Mutter ist erst schlank „wie eine Liane“, bleibt es aber nicht, weil sie Mutter von 14 Kindern wird. Der Lärm der Kinder wird als „schlimmer als eine Horde wilder Affen“ bezeichnet. Die Mutter ist ruhig „wie eine Erdnuss“ und ihre Bubus „so bunt wie die Blumen der Savanne.“ Durch diese Beschreibung wird die Mutter zusätzlich zum Objekt und in die Nähe der Flora gerückt, was der sexistisch-rassistischen Objekt-Reduktion Schwarzer Frauen entspricht. Die Anzahl der Kinder reproduziert das Klischee des Kinderreichtums von Afrikaner*innen. Dass der Lärm der Kinder mit dem einer „Horde wilder Affen verglichen wird, werden die Schwarzen Kinder in die Nähe von Tieren gerückt, der rassistische Vergleich von Schwarzen mit Affen reproduziert und die Kinder entmenschlicht / entzivilisiert. Dembos Vater „war der Sohn eines Königs“ und ein „wahrer Griot“. Das ist faktisch nicht möglich, weil es diese Personal-Union nicht gibt. Ich sehe das dem romantisierenden Duktus, der einfach Versatz-Stücke willkürlich zusammen setzt geschuldet. Der Vater war „stark wie ein Löwe und redefreudig wie eine Kolonie Schrei-Ibisse“ Schrei-Ibisse gibt es im Deutschen nicht als Bezeichnung einer Vogelart, ich weiß nicht ob dies der Übersetzung geschuldet ist oder der Autorin schlicht das Wort in dem Kontext gefiel. Papa Dembo ist „so groß wie der Baobab und weiß mehr als der Marabut.“ Dass die (Urgroß-)Mutter als schön, der (Urgroß-)vater als stark und der Großvater als groß beschrieben wird, ist eine Reproduktion von Gender-Normen. Auch der (Urgroß-)Vater und der Großvater werden mit den Vergleichen in die Nähe der Flora und Fauna gerückt und damit entmenschlicht.
... und noch ein Klischee und Pauschalisierungen und noch eines noch eines.... die ich schlicht nicht mehr detailliert  aufschreiben wollte, weil die Stereotype in dem Buch so geballt waren.

Hier noch weitere Stichworte:

• Auf die Frage „welche Farbe hat Afrika?“, ist das erst genannte „ist schwarz wie meine Haut“, später: gelb wie der große Fluss (evl. der Niger), grün wie die Fächer der Palme;

• Misshandlung als Erziehungsmethode („wenn er wütend wurde, hu! Gnade unseren Ohren! Also lief ich, versteckte mich(...)“;
•  traditionelle Aufgabenverteilung: Frauen kochen, Männer fischen, Jungen hüten Ziegen;

• fröhliche, ungebremste, unbeschwerte, fast nackte, barfüßige Kinder;

• runde Häuser aus Lehm und Stroh,;

• heißer Wind, Trockenzeit, Regenzeit;

• leckeres von Frauen zubereitetes Festmahl (Ignam, Reis, Süßkartoffeln, Erdnusssoße, gebratener Fisch, grüne Soße, dunkle Soße); • Menschen, die jede Gelegenheit nutzen, um zu feiern;

• Natur/Umwelt ist gleich Wildnis; Wildnis = Löwen, Bienen, Gazellen, Madenhacker, Elefanten

• Glaube an Geister, die gut und schlecht sind, Zaubersprüche, die schützen, alter, verrückter Meister der Magie, Tanz der Geister mit Masken, Verständnis, dass therapeutische Gegenstände (Fetische) beängstigend wirken, wenn eine*r nicht weiß wofür sie gut sind; • Initiation/Beschneidung des Jungen Dembo;

• Reproduktion von Farbsymbolik schwarz=negativ und weiß=positiv („ein Herz so weiß wie Milch. Deshalb lebt ihr Geist noch immer unter uns fort.“);

• Glaube, dass Vorfahren eine*n umgeben;

• selbstverständlicher, gelassener Umgang mit dem Tod.

 

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