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Nicht zu empfehlen:

Lukas Ruegenberg, Georg Wieghaus: Ivan & Dominik

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Das Buch beschreibt eine Realität von Roma, die es zwar in der Slowakei und in anderen (ost-/südost-)europäischen Ländern gibt, die aber für Sinti und Roma in Deutschland so nicht zutrifft und auch nicht für die Mehrzahl von Roma in anderen europäischen Ländern.
Da es leider auf Deutsch derzeit keine Kinderbücher gibt, die die Realität der Mehrheit von Sinti und Roma heutzutage widerspiegelt und somit kein Gegengewicht zu diesem Buch geschaffen werden kann, scheint es mir nicht sinnvoll, dieses Buch zu empfehlen.
Ich denke nicht, dass die Worte von Romani Rose im Nachwort des Buches, in denen er daraufhin weist, dass dieses Buch nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit der Roma und Sinti zeigt, die Wirkung dieses Buches aufhebt. Hinzu kommt, dass Kinder selten Nachworte lesen bzw. vorgelesen bekommen.
In diesem Buch werden Roma(-Kinder) folgendermaßen dargestellt:

• barfuß, ohne Strom, ohne fließendes Wasser etc., mehrere Kinder teilen sich ein Bett;

• nicht regelmäßig in die Schule gehend, stattdessen Geld durch Straßenmusik verdienend;

• in (Müll?-)Tonne wühlend;

• auf Pfandleiher angewiesen und

• von viel Unglück heimgesucht (Antirromanismus, Erwerbslosigkeit, falsche Verdächtigung, Verhaftung, Tod (als psychosomatische Folge des Unrechts); Verschleppung ins Kinderheim durch das Jugendamt (dessen Vertreter seltsamer Weise weiße Kittel wie Ärzte tragen)).
Es werden Vorurteile gegen Sinti und Roma benannt und gezeigt, wie Ivan und Dominik damit umgehen (Sinti und Roma hätten die Nägel gefertigt, mit denen Jesus ans Kreuz geschlagen wurde und sie wären des Teufels, weil ihre Haut dunkel sei). Doch ich weiß gar nicht, wie präsent diese Vorurteile heutzutage unter Gadze-Kindern sind. Ich selbst kannte sie nicht. Andere stereotype Bilder über Sinti und Roma kenne ich und diese werden in dem Buch eher bestätigt. (s.u.) Dass Z…..r eine „falsche“ Bezeichnung ist wird mitgeteilt. Allerdings wird es trotzdem zu Beginn des Buches mehrfach benutzt, eben bis ein Mann sagt, dass das Wort falsch ist. Die Darstellung von Ivan und Dominik ruft zwar Sympathie hervor, doch sie zeigt ein Bild, dass letztlich dem vieler Gadze über Roma und Sinti entspricht und auch das zeigt, was oft romantisiert und exotisiert wird:

• arm, aber (oft) glücklich;
• hilfsbereit (Obdachloser bekommt Essen und Unterkunft in der Roma-Siedlung) und

• hilfsbedürftig (Pfarrer (endlich mal viel leckerer Kuchen)/ Lehrerin (holt Dominik aus dem Kinderheim)); • musikalisch, tanzen und musizieren unter freiem Himmel;

• Frauen tragen lange Röcke / Kleider;

• gläubig; • halten sich in naiver Weise nicht an Regeln (Kinder klettern auf Auto des Pfarrers herum; Dominik stiehlt Blumen für einen Blumenstrauß, den er zum Dank verschenkt)).
Ich finde, dass das Unglück der Familie sehr geballt ist, was ich in dieser geballten Weise nicht für realistisch und auch nicht für repräsentativ halte.

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Nicht zu empfehlen:

Ursel Scheffler: Kommisar Kugelblitz – Alarm in Windhuk
 

Der weiße Kommissar Kugelblitz reist nach Windhuk, Namibia.
Er arbeitet mit seiner Schwarzen Kollegin Wanda Ovamba zusammen. Sie wird als bildhübsch und stereotyp als schlank wie eine Gazelle beschrieben. Wanda Ovamba war als Kind in der DDR, weil Namibia und Südafrika Krieg hatten, deshalb spricht sie deutsch. Der politische Hintergrund dieses Krieges wird nicht genannt. Sie spricht außerdem Englisch, Afrikaans und Herereo und wird als tüchtigste Kommissarin südlich des Äquators bezeichnet.
Kugelblitz übernachtet auf einer Ranch, dort gibt es Wildtiere wie Gazellen, Zebras, Kudus, Strauße, Affen, Nashörner und Löwen. Es folgt ein Labyrinth-Rätsel, in dem verschiedene Tierspuren zu folgen sind. Kugelblitz soll beim Ergreifen von Wilddieben helfen. Kugelblitz fotografiert Zebras und Giraffen bis seine Speicherkarte voll ist. Auf den Illustrationen sind auch Warzenschweine und Affen zu sehen.
Kugelblitz trägt khakifarbene Hosen und einen Leinenhemd und wird optisch „wie ein südafrikanischer Farmer“ beschrieben.
Als Kugelblitz sich über die deutschen Straßenschilder wundert, „erklärt“ Wanda Ovamba, dass diese an „deutsche Siedler erinnern, die sich zur Zeit Kaiser Wilhelms in Südwestafrika niedergelassen haben. Die kaiserlichen Schutztruppen, die sich in die blutigen Kämpfe der einheimischen Stämme eingemischten, haben damals auch Sinnvolleres getan: Sie haben die Eisenbahn nach Swapokmund, Bahnhöfe, Kirchen und Schulen gebaut.“
Ein Assistent von Wanda Ovamba wird als Buschmann bezeichnet, er ist ein „fabelhafter Fährtenleser“, barfuß und flink. Kugelblitz entdeckt Beweise, die dem Fährtensucher entgehen. Viele Kollegen von Wanda Ovamba sind bestochen.
Kugelbiltz ist die eindeutige Hauptfigur des Buches. Die Verbrechen der Deutschen in Namibia zur Zeit der Kolonialisation werden verschwiegen bzw. verbrämt, die Kolonalisation relativiert. Der politische Hintergrund des Kriegs zwischen Namibia und Südafrika und der Unterstützung der DDR wird verschwiegen. Mit dem barfüßigen, fährtenlesenden „Buschmann“, der als einziger Sätze in seiner Erstsprache spricht, wird ein rassistisches Klischee reproduziert. Hinzu kommt, dass er entscheidende Spuren übersieht, die aber Kugelblitz entdeckt. Das romantisierte Bild von der Natur Afrikas wird reproduziert.



Nicht zu empfehlen:

Silvia Schopf, Susanne Smajic: Marie hat jetzt Stachelzöpfe: Von Europa nach Afrika und zurück


Pauschalisiernde Aussagen über „Afrika“, Reduktion auf dörfliches Leben ohne Strom und fließendes Wasser und Leben im Mangel, Reproduktion von Stereotypen über „Afrika“ und Afrikaner*innen, die das erste Mal in Deutschland sind. „Afrika“ und Deutschland werden als Gegensätze gegenüber gestellt: Mangel – Überfluss, Dorf – Stadt, mystisch – industrialisiert etc. Der burkinische Cousin Issa wird als völlig unwissend und naiv dargestellt, seine deutsche Cousine „erklärt“ ihm alles in Deutschland, hat die Aufgabe rassistische Erfahrungen zu beschönigen und den anderen deutschen Kindern ein stereotypes Bild von Afrika zu vermitteln und ist auch in Burkina Faso die Mutigere von beiden. Rassistische Erfahrungen werden nicht als solche thematisiert, ebenso wenig Gegenwehr gegen diese. Ausgerechnet eine w eiße Nachbarin, die sich Issa gegenüber bei der ersten Begegnung rassistisch verhält, hilft Issa als er sich verläuft und macht ihm ein Geschenk, dies relativiert ihr rassistisches Verhalten zusätzlich.
Burkina Faso wird zwar als konkretes Land benannt, doch dann wird alles, was gesagt bzw. gezeigt wird, pauschal als „afrikanisch“ bezeichnet und pauschalisierende Aussagen getroffen wie „in Afrika hat man immer eine große Familie“, „bei allen Leuten auf dem Land (gibt) es keine Hähne zum Aufdrehen“, folglich auch keine Duschen, „Es gibt hier kein Strom – wie in den meisten Dörfern“, es gibt keinen Krankenwagen, keinen Arzt (in der Nähe). Marie ist es zu heiß, auch in den Hütten ist es heiß, heißer als draußen. Die Zöpfe von Marie werden als Stachelzöpfe, afrikanische Frisur und als afrikanische Zöpfe bezeichnet. Die Großmutter mütterlicherseits wird Oma Afrika genannt, sie hat keinen Namen. Der Cousin glaubt an Geister, doch Marie hat keine Angst, trifft einen alten Mann, der Marie eine Schutzkette gegen Geister gibt, die Oma fährt im Eselskarren, in ihrem Dorf sind strohgedeckte Hütten (auch die Szenen in der Stadt wirken mit all den Tieren sehr dörflich) und giftige Skorpione. Auf dem Markt gibt es zwischen Nähmaschine und Stoffen, Hühner, Obst und Gemüse. Maries Geschenk, das sie aus Burkina Faso mitbringt, ist eine Schutzkette gegen Geister.
Als Issa nach Deutschland kommt, wundert er sich über die Rolltreppen am Flughafen, sie sind ihm zunächst etwas unheimlich, doch dann faszinieren sie ihn so, dass er sich auf der Suche nach ihnen verläuft und nach der Entdeckung immer wieder rauf und runter fährt. Issa kennt keinen Zoo, keine Fußgänger*innen-Ampeln, keine Briefkästen, keine U-Bahn, keine sich selbst öffnenden Glas-Schiebetüren von Läden und keinen strömenden Regen, er staunt über die Mengen Spielsachen, die Marie hat. Eine Nachbarin fasst ihn ungefragt in die Haare, lacht und sagt, dass sie Issa hübsch findet, doch die Haare „zu kratzig“. Marie erklärt das Issa fröhlich. Ein Junge starrt Issa an und fragt: „Puh, bist du immer so dunkel?“ Wieder redet Marie für Issa und findet alles normal. Ein Mädchen hat Angst vor Issa, auch diese Situation wird von Marie runter gespielt: „Maries Freund Benni findet es jedoch toll, dass Besuch aus Afrika da ist“. Marie schlägt vor „Afrika zu spielen“ und beizubringen, wie dort geredet wird, dann bringt sie den Kindern Französisch bei. Issas Geschenke, die er aus Deutschland mitbringt, ist ein Fußball, den er sich „schon immer gewünscht“ hat und ein warmer Schal.

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